"Einführung in Berechnung und Arten der gesetzlichen Rente"

In den letzten Jahren verabschiedete der Gesetzgeber eine Reihe von Gesetzen, die teilweise sehr stark von den bislang gültigen Regelungen zum Erhalt von Leistungen der Rentenversicherungsträger abweichen.

Für die betroffenen Personen der sogenannten "rentennahen" Jahrgänge, aber auch für Personen, die auf Grund von Krankheiten oder Behinderungen dem Arbeitsmarkt nicht oder nicht mehr vollständig zur Verfügung stehen, ergeben sich eine Vielzahl von Fragen, insbesondere, unter welchen Voraussetzungen eine Rente bewilligt wird, ob und in welcher Höhe eventuelle Abschläge von der Rente in Kauf genommen werden müssen oder ob man bei Erhalt einer Rente noch eine Nebentätigkeit ausüben darf.

Die von der Deutschen Rentenversicherung üblicherweise versandten Renteninformationen sind leider wenig übersichtlich und bestehen hauptsächlich aus einer Aneinanderreihung von Zahlen und Daten, Auskünfte darüber, ob und welche Rente man möglicherweise erhalten könnte, fehlen. Die folgenden Ausführungen sollen deshalb einen ersten Überblick über die Berechnung und die Arten von verschiedenen Renten gewähren.

Wie berechnet sich eigentlich die Rente?

Maßgeblich für die Berechnung sind die folgenden vier Komponenten, die miteinander multipliziert werden:

1. Entgeltpunkte

Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, zahlen monatliche Beiträge von ihrem Arbeitseinkommen in die Rentenversicherung. Da die Rentenhöhe nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers aber mit dem während der Erwerbslebens erreichten Lebensstandard korrespondierenden soll, hängt die Rentenberechnung nicht von der Höhe der Beiträge ab, sondern von dem beitragspflichtigen Einkommen des Versicherten.

Aus allen Einkommen eines Jahres der in der Rentenversicherung Versicherten wird ein Durchschnitt gebildet. Dieser Durchschnittswert entspricht einem Wert von 1,0 Entgeltpunkten.

Liegt das Durchschnittseinkommen eines Versicherten über oder unter dem Durchschnitt der gesetzlich versicherten Bevölkerung, ergibt sich für ihn ein Wert, der entsprechend höher bzw. niedriger als 1,0 ist.

Die einzelnen Werte der Entgeltpunkte pro Jahr werden anhand des erzielten Einkommens berechnet und addiert. Hinzu kommen gegebenenfalls noch weitere Entgeltpunkte aus anderen Anrechnungszeiten wie z. B. aus Kindererziehungszeiten, aus einem familienrechtlichen Versorgungsausgleich im Rahmen einer Scheidung oder aus freiwillig gezahlten Beiträgen.

2. Rentenartfaktor

Dieser Faktor wird durch die Art der Rente bestimmt, die die betroffene Person erhält. Bei einer regulären Altersrente ohne Abzüge beträgt der Rentenartfaktor 1,0. Das Gleiche gilt grundsätzlich bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Bei Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung, Hinterbliebenenrenten oder Waisenrenten werden Abschläge gemacht.

3. Zugangsfaktor

Unter dem Begriff Zugangsfaktor versteht man einen eventuellen Rentenabschlag wegen vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente, insbesondere bei Erhalt einer Altersrente vor dem eigentlich vom Gesetz vorgesehenen Zeitpunkt. Ausgehend von dem Faktor 1,0 bei der regulären Altersrente können je nach Alter und zurückgelegten Versicherungszeiten Abzüge in einer Höhe von bis zu 18 % erfolgen,

4. Rentenwert

Der aktuelle Rentenwert wird vom Gesetzgeber nach einer sehr komplizierten Formel errechnet und festgesetzt. Nach mehreren Jahren ohne Erhöhung beträgt der aktuelle Rentenwert seit dem 01.07.2007 € 26,27 für die alten Bundesländer. Für die neuen Bundesländer gilt ein niedrigerer Rentenwert.

Berechnungsbeispiel:

Ein gesetzlich Versicherter hat 45 Jahre lang Beiträge zur Rentenversicherung eingezahlt. Sein Einkommen belief sich über all die Jahre auf das Doppelte des Durchschnitts der gesamten rentenversicherungspflichtigen Einkommen. Die betroffene Person erhält eine Altersrente ohne Abschläge. Es ergibt sich folgende Berechnung:

45 x 2,0 = 90 x 1,0 x 1,0 x 26,27 €
(Entgeltpunkte) x (Rentenartfaktor) x (Zugangsfaktor) x (Rentenwert)


Die Person würde eine monatliche Rente in Höhe von € 2.364,30 abzüglich gesetzlicher Abzüge wie z. B. Kranken- und Pflegeversicherung erhalten.

Je nach Art der Rente und den damit zusammenhängenden Abschlägen sowie etwaiger weiterer Anrechnungszeiten kann sich die Berechnung der Rente als äußerst kompliziert darstellen.

Bei Erhalt eines Versicherungsverlaufes vor Rentenbezug oder bei Erhalt eines Rentenbescheides sollte zunächst immer überprüft werden, ob auch alle Beitragszeiten berücksichtigt wurden und ob Abschläge vorgenommen wurden, die vielleicht gar nicht hätten abgezogen werden dürfen.

Welche Arten von Renten gibt es ?

Je nach Lebenslauf der einzelnen Versicherten gibt es verschiedene Arten von Renten, wobei nicht nur der Versicherte selbst eine angemessene Altersvorsorge oder eine Absicherung gegen krankheitsbedingter Erwerbsminderung erhalten soll. Auch die Angehörigen des Versicherten sollen, wenn auch mit Abschlägen, im Falle des Todes des Versicherten abgesichert sein.

Zu beachten ist, dass sämtliche Renten normalerweise nur auf Antrag erbracht werden. Man sollte sich nicht darauf verlassen, dass der jeweils zuständige Sozialversicherungsträger einen Hinweis auf die Möglichkeit des Erhaltes einer Rente gibt.

Altersrente oder vorgezogene Altersrente

Anspruch auf Erhalt einer Regelaltersrente bestand bislang mit Vollendung des 65. Lebensjahres, also mit dem 65. Geburtstag. Weitere Voraussetzung ist die Erfüllung einer allgemeinen Wartezeit, d. h. in einem bestimmten Zeitraum vor Beginn der Rente müssen Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt werden.

Wegen der stetig steigenden Lebenserwartung und der ebenfalls steigenden Anzahl von Rentenempfängern unter gleichzeitiger Reduzierung der Beitragszahler hat sich der Gesetzgeber entschlossen, die Altersgrenze für den Erhalt der Regelaltersrente schrittweise anzuheben. Die maßgebliche Altersgrenze wird schrittweise angehoben werden. Für die Geburtsjahrgänge ab 1964 gilt endgültig die Altersgrenze von 67 Jahren.

Neben der normalen Altersrente gibt es die noch die Altersrente für besonders langjährig Versicherte, die Altersrente für langjährig Versicherte, die Altersrente für schwerbehinderte Menschen, die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit sowie Renten für spezielle Berufsgruppen.

Erwerbsminderungsrenten

Leider können Versicherte aufgrund von Krankheiten nicht immer bis zum Erreichen der Altersgrenze für die Regelaltersrente arbeiten und Beiträge in die Rentenversicherung einzahlen.

Für solche Fälle hat der Gesetzgeber die Renten wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung vorgesehen. Die Erwerbsminderungsrenten ersetzen seit dem 01.01.2001 die davor gewährten Renten wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit.

Personen, die vor dem 02.01.1961 geboren worden sind, können unter bestimmten Umständen noch eine Rente wegen Berufsunfähigkeit beziehen.

Neben der Erfüllung einer Wartezeit und einer gewissen Anzahl von Pflichtbeiträgen ist zum Erhalt einer Erwerbsminderungsrente eine Beeinträchtigung der Gesundheit notwendig, so dass der Betroffene zum Erhalt einer vollen Erwerbsminderungsrente nur noch weniger als drei Stunden täglich arbeiten können und bei einer teilweisen Erwerbsminderungsrente nur noch weniger als sechs Stunden täglich arbeiten können muss.

Stark umstritten und von den zuständigen Gerichten noch nicht abschließend und einheitlich beantwortet ist die Frage, inwieweit Abschläge bei Erwerbsminderungsrenten - insbesondere vor Erreichen des 60. Lebensjahres - rechtmäßig sind. Das bislang einzige Urteil des Bundessozialgerichtes zu diesem Thema ist zu Gunsten der Rentenbezieher ausgegangen, allerdings hält sich die Deutsche Rentenversicherung nicht an das Urteil und zieht in vergleichbaren Fällen nach wie vor Abschläge von der Rente ab. Hier bleibt die weitere Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten.

Betroffenen empfiehlt sich, vorsorglich Widerspruch gegen entsprechende Rentenbescheide einzulegen, um bei einer Klarstellung durch die Rechtsprechung zu Gunsten der Rentenbezieher auch für die Vergangenheit die höheren Rentenzahlungen zu erhalten. Unter bestimmten Umständen kann auch ein Neufeststellungsverfahren eingeleitet werden, um für vergangene Zeiträume nachträglich eine höhere Rentenzahlung durchzusetzen.

Hinterbliebenenrenten

Um die Grundversorgung Angehöriger im Todesfall des Ehegatten oder eines Elternteiles sicherzustellen, sieht das Gesetz die Gewährung von Witwen- und Witwerrenten sowie von Voll- und Halbwaisenrenten vor.

Voraussetzung für den Erhalt einer Witwen- oder Witwerrente ist das Bestehen einer rechtsgültigen Ehe zum Zeitpunkt des Todesfalles sowie die Erfüllung einer bestimmten Wartezeit.

Voll- oder Halbwaisenrente wird nicht nur an leibliche Kinder des Verstorbenen gezahlt, sondern auch an Stief- und Pflegekinder, die in den Haushalt des Verstorbenen aufgenommen waren sowie an Enkel und Geschwister, wenn diese in den Haushalt des Verstorbenen aufgenommen waren oder von diesem überwiegend unterhalten wurden.

Ein häufiger Streitpunkt ist hier die Weitergewährung von Waisenrenten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten, wenn die Zeit zwischen den Ausbildungen unverschuldet länger als vier Monate andauert und die Rentenversicherung eine Zahlung für den Zeitraum zwischen den Ausbildungsabschnitten verweigert.

Auch bei den vorgenannten Rentenarten hat der Gesetzgeber einige weitreichende Veränderungen geplant, so ist vorgesehen, die kleine Witwen- oder Witwerrente in Zukunft nur noch für 24 Monate zu zahlen und das Alter für den Erhalt der großen Witwen- oder Witwerrente entsprechend der Regelaltersrente von 45 auf 47 Jahre anzuheben.

Alle genannten Rentenarten haben unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen, wobei der Gesetzgeber die Altersgrenzen für die vorgenannten Renten teilweise erheblich angehoben hat und nicht unerhebliche Abschläge von der Rentenhöhe vorgesehen hat. Zu beachten ist, dass die Abschläge nicht nur bis zur Gewährung der normalen Regelaltersrente vorgenommen werden, sondern auch für die Zukunft bestehen bleiben.

Vor der Entscheidung, ob die eine oder andere Rentenart beantragt wird gilt es deshalb, sich über mögliche Abschläge, die maßgeblichen Altersgrenzen und Hinzuverdienstgrenzen umfassend zu informieren und abzuwägen, welche Rente in der konkreten Situation die günstigste Lösung für den Betroffenen darstellt.

Rechtsanwalt Peer Frank
Dingeldein • Rechtsanwälte

Stand: Januar 2008

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