Adoption als "Steuersparmodell"


Wer größeres Vermögen zu vererben hat und dieses Vermögen an eine mit ihm nicht verwandte Person vererben will, muss damit rechnen, dass diese Person Erbschaftssteuer in beträchtlicher Höhe auf das ihr zugewendete/geschenkte Vermögen zahlen muss.

Während sich die Freibeträge gegenüber eigenen Kindern (Steuerklasse I) auf immerhin 205.000,00 € pro Elternteil und beschenkter Person belaufen, liegen die Freibeträge für nicht verwandte Personen (Steuerklasse III) bei gerade mal 5.200,00 € pro beschenkter Person. Zudem sind die von dem steuerpflichtigen Erwerb als Steuern abzuführenden Prozentsätze in der Steuerklasse I erheblich niedriger als in der Steuerklasse III.

Die Adoption derjenigen Person, der man größere Vermögenswerte zuwenden will, ist daher ein interessantes Instrument zur Vermeidung bzw. zumindest deutlichen Reduzierung der Erbschaftssteuer, wie folgender Fall verdeutlicht:

Der 62-jährige geschiedene Geschäftsmann G ist kinderlos. G möchte, dass sein 30-jähriger tüchtiger Geschäftsmitarbeiter M alles von ihm erbt. Mit M versteht sich G hervorragend, die beiden arbeiten seit Jahren sehr gut zusammen, teilen weitgehend die selben Lebensansichten und -meinungen und stehen sich auch im Privaten stets mit "Rat und Tat" zur Seite. G hat sogar erst kürzlich dem M ohne Stellung von Sicherheiten 50.000,00 € zinslos für eine von ihm erworbene Eigentumswohnung geliehen. G möchte am liebsten den M adoptieren, nicht zuletzt auch, um dem M hohe Erbschaftssteuern nach seinem Tode zu ersparen. G hat etwa 1 Mio. € zu vererben. Kann man ihm helfen?

Zunächst einmal sollten sich die Beteiligten über die wirtschaftlichen Konsequenzen ihres Ansinnens Klarheit verschaffen: Wenn G seine 1 Mio. € an den "fremden" M als nicht mit ihm verwandte Person vererbt, dann müsste M im Ergebnis 348.180,00 € Erbschaftsteuer zahlen. Wenn M durch die Adoption rechtlich ein Kind des G wird und dadurch sowohl von erhöhten Freibeträgen als auch niedrigeren Prozentsätzen bezüglich des steuerpflichtigen Erbteiles profitiert, dann müsste er lediglich 151.050,00 € bezahlen. Dies ergäbe eine Differenz von immerhin 197.130,00 €.

Voraussetzung der Adoption eines Volljährigen nach dem Gesetz ist, dass die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist; im Übrigen muss seine Entstehung mindestens zu erwarten sein. Die Beurteilung orientiert sich in einem solchen Fall stark an den Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls.

Ob im vorliegenden Falle ein "Eltern-Kind-Verhältnis" zwischen G und M bereits besteht, kann dahingestellt bleiben, weil zumindest davon ausgegangen werden kann, dass ein solches Verhältnis hier entstehen wird. G und M arbeiten nicht nur beruflich sehr gut zusammen, sie haben auch sehr intensive menschliche Beziehungen untereinander aufgebaut, die auch stark von gegenseitiger Fürsorge geprägt sind. Letzteres zeigt sich deutlich daran, dass der G dem M 50.000,00 € zinslos und ohne Stellung von Sicherheiten als Darlehen zur Verfügung gestellt hat. Es handelt sich also zwischen den beiden um einen intensiven Kontakt, der weit über das Maß einer "guten Freundschaft" hinausgeht.

Ob die Beteiligten als Nebenzweck auch die Ersparnis von Erbschaftssteuer verfolgen, ist für die Bejahung der sittlichen Rechtfertigung unerheblich, solange der familienbezogene Zweck überwiegt. Ob hier ein Überwiegen des familienbezogenen Zweckes anzunehmen ist, hängt von der Würdigung der Einzelumstände ab. Außerdem sind bei einer Adoption auch die Interessen eventueller Kinder des Annehmenden zu berücksichtigen, deren Erbteile bzw. Pflichtteilsansprüche sich durch die Adoption reduzieren (hier nicht einschlägig). All diese Fragen können nur bei genauer Analyse der individuellen Situation und fachkundiger Beratung durch einen Rechtsanwalt beantwortet werden.

Rechtsanwalt Michael Müller-Hegen
Tätigkeitsschwerpunkt: Familienrecht, Erbrecht u. Arzthaftungsrecht
Dingeldein Rechtsanwälte, Bickenbach

Herr Rechtsanwalt Michael Müller-Hegen ist seit Januar 2004 in der Kanzlei Dingeldein, Bachgasse 1, 64404 Bickenbach, tätig. Seine Kenntnisse im Bereich des Familien- und Erbrechts vertiefte er bereits während seines Studiums durch die Belegung der entsprechenden Wahlfächer sowie im Rahmen seines Referendariats. Seit Juli 2001 ist Herr Müller-Hegen als Rechtsanwalt zugelassen.

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