Arbeitgeber beachtet das neue Antidiskriminierungsgesetz!

Stand: 23.01.2006


Die EU-Gleichbehandlungsrichtlinien sollen bis Frühjahr 2006 in einem neuen Gesetz, nämlich dem Antidiskriminierungsgesetz (ADG) umgesetzt werden. Jedem Unternehmen ist daher anzuraten, sich frühzeitig mit diesem Thema zu befassen. Das ADG wird ohne Zweifel erhebliche Auswirkungen auf die Personalarbeit in der betrieblichen Praxis haben. Vorreiter ist eine 100 Millionen Dollar Schadensersatz-Klage, die Frauen in den USA von einem Pharma-Konzern wegen Diskriminierung verlangen. In einem Artikel vom 18.02.2005 lesen wir folgende veröffentlichte Nachricht:

Der Pharma-Konzern soll Frauen einem Arbeitsumfeld aussetzen, in dem sie öffentlich angeprangert und mit sexistischen sowie rassistischen Bemerkungen und Witzen konfrontiert werden. Zwölf zum Teil ehemalige Angestellte haben in New York eine Klage über 100 Millionen Dollar wegen Diskriminierung eingereicht. Sie beschuldigen den Pharma-Konzern, Frauen bei Löhnen, Qualifikationen, Beförderungen, in der Ausbildung und bei disziplinarischen Methoden zu benachteiligen.

Auch in Deutschland, wo bekanntlich Schadensersatzforderungen deutlich geringer sind als in den USA, gibt es bereits ein erstes Urteil: Eine Klägerin, die an Neurodermitis erkrankt ist, bewirbt sich bei der Polizei für den Bereich Parkraumbewirtschaftung (Politesse, die Strafzettel verteilt). Bei amtsärztlicher Untersuchung wird die Erkrankung festgestellt und eine Einstellung deshalb abgelehnt. Sie klagt auf Entschädigung wegen Diskriminierung. Das Arbeitsgericht Berlin entscheidet in einem Urteil am 13.07.2005 wie folgt: Ungerechtfertigte Diskriminierung wegen einer Behinderung liege vor. Denn es sei nicht mit hinreichender Sicherheit zu erwarten, dass krankheitsbedingte Ausfallzeiten aufgrund ihrer Häufigkeit und Dauer zu unzumutbaren oder unverhältnismäßigen Belastungen des Arbeitgebers führen. Das Arbeitsgericht Berlin sprach der Frau eine Entschädigung in Höhe von 12.000,00 € zu.

Wesentlich umfassender als bisherige Vorschriften im deutschen Recht, die einen Schutz des Arbeitnehmers vor Diskriminierungen vorsehen, bietet das künftige Antidiskriminierungsgesetz, dessen Ziel die Verhinderung und Beseitigung von Benachteiligungen wegen Rasse oder ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, sexueller Identität oder Alter ist. Geschützt werden alle Beschäftigten, nämlich insbesondere Arbeitnehmer und Auszubildende, arbeitnehmerähnliche Personen (z. B. Heimarbeiter) und zum Teil auch freie Mitarbeiter, Geschäftsführer und Vorstände. Der Schutz des ADB gilt nicht erst ab Beginn eines Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnisses, sondern bereits ab der Bewerbung. Kontrolliert wird also der Zugang zur Beschäftigung, die Arbeitsbedingungen, Weiterbildungsmaßnahmen und berufliche Förderung, Beförderungen, die Klassifizierung der Arbeitsplätze, Verhaltensweisen bei Kündigungen und auch nachvertragliche Verpflichtungen, wie z. B. die betriebliche Altersversorgung, kurzum der Schutz gilt für alle individuellen und kollektivrechtlichen Maßnahmen und Vereinbarungen. Wird beispielsweise ein Stellenbewerber nicht eingestellt, weil er Afrikaner oder Türke ist, kann der Diskriminierungsgrund "Rasse oder ethnische Herkunft" gegeben sein. Das Gleiche wird anzunehmen sein, wenn in einer Stellenanzeige steht: "Gesucht wird ein Schauspieler afrikanischer Herkunft".

Erhalten Frauen für die gleiche Arbeit ein geringeres Entgelt als Männer, dürfte eine Diskriminierung wegen des Geschlechts vorliegen. Wird in einer Stellenanzeige "eine Sekretärin" gesucht, so wird man auch hier von einer Diskriminierung sprechen, da auch Männer die gleiche Arbeit ausführen können. Ein glatter Verstoß gegen das ADG wird dann vorliegen, wenn in einer Stellenanzeige etwa Folgendes steht: "Bewerbungen von Frauen werden besonders begrüßt".

"Bei gleicher Eignung werden Frauen bevorzugt." Wird jemand nicht eingestellt, da er ein Kopftuch oder einen Turban trägt, dürfte der Diskriminierungsgrund "Religion oder Weltanschauung" vorliegen.

Nicht jede Benachteiligung wegen eines der Diskriminierungsmerkmale wird gleich eine unzulässige Ungleichbehandlung darstellen. Eine sachliche Rechtfertigung ist dann gegeben, wenn besondere berufliche Anforderungen die unterschiedliche Behandlung rechtfertigt.

Verstößt der Arbeitgeber gegen das ADG, dann drohen ihm folgende Sanktionen:

Verweigert der Geschädigte berechtigt seine Arbeit, so soll der Arbeitgeber dennoch verpflichtet sein, Lohn fortzuzahlen. Wird einem Arbeitnehmer eine diskriminierende Kündigung ausgesprochen, so soll diese unwirksam sein. Der Diskriminierte soll einen unbeschränkten Schadenersatz für materielle Schäden erhalten, z. B. soll er berechtigt sein, eine Verdienstdifferenz zu fordern, wenn er aus Gründen der Diskriminierung nicht befördert wurde. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, eine unbeschränkte Entschädigung bei immateriellen Schäden (Schmerzensgeld) zu leisten. Die Höhe richtet sich nicht nach Monatsgehalt, sondern soll eine wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktion darstellen. Lediglich für den Fall der Diskriminierung von Bewerbern soll ein "Deckel" vorgesehen sein: Die Entschädigung wird auf maximal drei Monatsgehälter beschränkt.

Frage ist, wie sich der Arbeitgeber nunmehr verhalten muss. Er muss vor Allem die im geplanten Gesetz vorgesehenen Benachteiligungsverbote bei Stellenausschreibung, Bewerbungsverfahren, Durchführung des Arbeitsverhältnisses, bei den Arbeitsbedingungen und auch bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses beachten. Er wird die Pflicht zur neutralen Stellenbeschreibung noch mehr als bisher wahren müssen. Er sollte vorbeugende Schutzmaßnahmen durch Schulung und Information der Mitarbeiter treffen. Gegen Mitarbeiter und Dritte, die gegen Benachteiligungsverbote verstoßen, wird er Maßnahmen ergreifen müssen. So ist auch eine Einrichtung einer betrieblichen Beschwerdenstelle als Anlaufstelle für benachteiligte Arbeitnehmer von Vorteil.

Rechtsanwalt Günther Dingeldein, Bickenbach bei Darmstadt
Fachanwalt für Arbeitsrecht und Erbrecht
www.dingeldein.de
kanzlei@dingeldein.de

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.



 
     
   
www.dingeldein.de -