Arbeitslosengeld auch für GmbH-Geschäftsführer


Auch ein GmbH-Geschäftsführer kann arbeitslos werden. Selbst wenn er während seiner Geschäftsführertätigkeit regelmäßig Sozialversicherungsbeiträge gezahlt hat, ist nicht sicher, ob das Arbeitsamt im Falle der Arbeitslosigkeit Arbeitslosengeld zahlt. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld hängt nämlich ganz entscheidend davon ab, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Beides kann beim GmbH-Geschäftsführer der Fall sein; es liegt jedoch in der Natur der Sache, dass man bei einem GmbH-Geschäftsführer als sog. "Chef des Unternehmens" eher von einem selbständig Tätigen ausgeht.

So denken auch die Arbeitsämter und versagen meist dem arbeitslosen Geschäftsführer die Gewährung von Arbeitslosengeld im Falle der Arbeitslosigkeit, obwohl für ihn regelmäßig Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden. Allein die Zahlung der Beiträge zur Sozialversicherung begründet keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Vielmehr muss der Geschäftsführer eine einem (nicht leitenden) Angestellten ähnliche unselbständige Stellung im Betrieb inne gehabt haben.

Es liegt nunmehr am arbeitslosen Geschäftsführer, dem Arbeitsamt gegenüber nachzuweisen, dass er abhängig beschäftigt war und damit zu Recht während der Gesamtdauer seiner Beschäftigung Beiträge zur Sozialversicherung geleistet hat.

Eine abhängige Beschäftigung erfordert die Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Das Weisungsrecht gegenüber einem Geschäftsführer wird zwar in der Regel erheblich eingeschränkt sein, wie das allgemein bei Diensten höherer Art der Fall ist, vollständig entfallen darf es jedoch nicht. Die Leistung des Geschäftsführers muss im Falle der abhängigen Beschäftigung fremdbestimmt bleiben, d.h. die Dienstleistung muss zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung aufgehen.

Bezogen auf den Status eines Geschäftsführers bedeutet dies, dass maßgebend die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, in der Regel also die Gesamtheit der Gesellschafter, bleibt. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis liegt dann nicht vor, wenn der Geschäftsführer an der Gesellschaft derart beteiligt ist, dass er mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden kann.

Selbst wenn der Geschäftsführer nur Minderheitsgesellschafter ist, kann die Beitragspflicht entfallen, was bedeutet, dass er nicht abhängig beschäftigt ist, wenn er seine Tätigkeit im Wesentlichen weisungsfrei ausübt und wirtschaftlich gesehen, seine Tätigkeit nicht für ein fremdes, sondern für ein eigenes Unternehmen ausübt. Ist dem nicht so, bleibt er als ein abhängiger Beschäftigter versicherungspflichtig.

Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Geschäftsführer im Unternehmen seines Ehegatten tätig ist. Es steht dem nicht entgegen, dass die Abhängigkeit im Allgemeinen unter Ehegatten weniger stark ausgeprägt ist.

Das Hessische Landessozialgericht hat im Urteil vom 16.11.2001 (Az.: L 10 AL 737/99) diese Grundsätze bekräftigt. In dem zu entscheidenden Fall hat der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau im Jahre 1980 eine Werbeagentur gegründet. Der Kläger hielt einen Geschäftsanteil in Höhe von 46 %, seine Ehefrau in Höhe von 54 %. Der Kläger war zum Geschäftsführer bestellt, die Beschränkungen des § 181 BGB (Selbstkontraktion) waren aufgehoben. Die Gesellschafterbeschlüsse sollten mit einfacher Mehrheit gefasst werden. Die Eheleute hatten einen Geschäftsführervertrag abgeschlossen, nachdem der Kläger ein monatliches Festgehalt sowie eine umsatzabhängige Provision erhielt. Der Kläger erhielt Urlaub und im Krankheitsfalle, Entgeltfortzahlungen. Um einer schlechten wirtschaftlichen Lage zu begegnen, vereinbarte die GmbH mit dem Kläger eine Reduzierung der Arbeitszeit, verbunden damit war eine entsprechende Gehaltsreduzierung.

Diese Maßnahme konnte jedoch den Arbeitsplatz des Klägers nicht retten: Er musste sich arbeitslos melden. Die Bundesanstalt für Arbeit lehnte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Arbeitslosengeld mit der Begründung ab, seine Tätigkeit als Geschäftsführer sei kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gewesen.

Das Landessozialgericht vertrat die Auffassung, der Kläger sei beitragspflichtig beschäftigt gewesen, so dass das Arbeitsamt dem Kläger (dem Geschäftsführer) Arbeitslosengeld bezahlen musste.

Das Landessozialgericht stellte eine abhängige Beschäftigung fest. Der Kläger sei weder durch seine Beteiligung, noch aufgrund einer sog. Sperrminorität (besondere Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag, die Beschlüsse der anderen Gesellschafter verhindern kann) in der Lage gewesen, ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschaft zu verhindern.

Die Gesellschafterbeschlüsse sollten grundsätzlich mit einfacher Mehrheit gefasst werden. Nach dem Anstellungsvertrag sei der Geschäftsführer ausdrücklich an die Mehrheitsbeschlüsse der Gesellschafterversammlung gebunden gewesen. Das Monatsgehalt entspräche dem üblichen, habe der Steuerpflicht unterlegen und sei auf ein eigenes Konto des Klägers überwiesen worden. Die von dem Arbeitsamt als Indiz gegen eine Versicherungspflicht angesehene einvernehmliche Reduzierung des Entgelts sei mit einer entsprechenden Verringerung der Arbeitszeit einhergegangen und könne daher nicht als "unternehmerische Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschafterverhältnisse verstanden werden".

Die Urlaubsansprüche sowie die Gehaltsfortzahlungen im Krankheitsfall seien in einem Arbeitsvertrag geregelt worden. Auch der Umstand, dass sich der Kläger nicht daran erinnern konnte, dass es zu Mehrheitsentscheidungen gegen seinen Willen gekommen sei, sei nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts als Ausdruck der ehelichen Verbundenheit zu werten und stehe der Annahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht entgegen. Wäre der Kläger aus dem Unternehmen ausgeschieden, hätte man einen neuen Mitarbeiter als Ersatz einstellen müssen.

Last, but not least, hätten die Parteien ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gewollt. Dies zeige sich aus dem Umstand, dass die GmbH über den gesamten Beschäftigungszeitraum hinaus Sozialversicherungsbeiträge abgeführt hatte.

(Rechtsanwalt Günther Dingeldein, Fachanwalt für Arbeitsrecht)

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