Der Betriebsübergang

I. Allgemeines

Die gesetzliche Regelung des Betriebsübergangs sowie die Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis befinden sich in § 613 a BGB.

1. Begriff

Von einem Betriebsübergang wird dann gesprochen, wenn ein Betrieb oder ein Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen neuen Inhaber übergehen. Für den Arbeitnehmer stellt ein Betriebsübergang ein Arbeitgeberwechsel dar.

Bis etwa 1997 war nach der Rechtsprechung des BAG die allgemeine Begriffsbestimmung des Betriebes maßgebend. Unter Betrieb versteht man die organisatorische Einheit innerhalb derer der Unternehmer allein oder zusammen mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe sächlicher oder immaterieller Mittel ein arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt.

Der Betriebsteil ist eine organisatorische abgrenzbare Einheit des Betriebs mit welcher der Arbeitgeber innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks bestimmte arbeitstechnische Teilzwecke selbstständig verfolgen kann.

Nach mehreren Entscheidungen des EuGH wird nicht länger auf die Begriffe Betrieb oder Betriebsteil abgestellt, sondern es kommt vielmehr auf den Übergang einer wirtschaftlichen Einheit an. Betriebsübergang wird daher allgemein als Übergang einer ihre Identität bewahrende wirtschaftliche Einheit im Sinn einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit definiert. Damit ist nunmehr entscheidend, dass durch einen Übergang eine im Wesentlichen unveränderte Fortführung der bisher in dieser abgrenzbaren Einheit geleisteten Tätigkeit möglich ist. Die Einheit muss dabei ihre Identität wahren, was insbesondere aus der tatsächlichen Weiterführung oder Wideraufnahme der Geschäftstätigkeit folgt. Es ist erforderlich, dass es sich um eine selbstständig abtrennbare organisatorische Einheit handelt, in der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wird. Dabei reicht auch ein Hilfszweck aus.

2. Begriff der wirtschaftlichen Einheit

Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Einheit kommt es letztendlich auf eine Gesamtschau an. Es sind nämlich sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen und Indizien zu berücksichtigen. Berücksichtigt werden nach dem sogenannten 7-Punkte-Katalog von EuGH und BAG:

  • Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebes
  • Übergang materieller Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter
  • Wert der immaterieller Aktiva im Zeitpunkt des Überganges
  • Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber
  • Übergabe der Kundschaft
  • Grad der Ähnlichkeit zwischen der vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit
  • Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit.
Dabei wird regelmäßig zwischen bestimmten Branchen unterschieden. So ist es z. B. in Produktionsbetrieben notwendig, dass die Produktionsmittel übergehen, mit denen eine sinnvolle Produktion überhaupt noch möglich ist. Für einen Betriebsübergang unzureichend ist daher die Übernahme von Büromaterial oder Maschinen für die Hauswerkstatt. Ausreichend dagegen ist, wenn der technische Produktionsapparat übernommen wird, auch wenn der Firmenname nicht fortgeführt wird oder gewerbliche Schutzrechte nicht übernommen werden.

Bei Handels- und Dienstleistungsbetrieben dagegen wird weniger auf die Übernahme von materieller Betriebsgüter abgestellt, sondern vielmehr auf den Eintritt in die immateriellen Betriebsmittel. Immaterielle Betriebsmittel sind z. B. der Kundenstamm, Kundenlisten, Geschäftsbeziehungen zu Dritten, das Know-how und der Goodwill etc.

Der EuGH hat insbesondere im Dienstleistungsbereich herausgestellt, dass ein wesentliches Indiz für einen Betriebsübergang die Übernahme bzw. Nichtübernahme der Hauptbelegschaft durch den Übernehmer darstellt. In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden sind, eine wirtschaftliche Einheit darstellen, die ihre Identität über ihren Übergang hinaus bewahrt. Dies gilt vor allem dann, wenn der Übernehmer nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch eine nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte.

Bei der Bewertung, ob ein nach Zahl und Sachkunde wesentlicher Teil des Personal übernommen wurde, kommt es wieder auf weitere Umstände an. Bei Arbeitnehmern mit geringerem Qualifikationsgrad muss eine hohe Anzahl von ihnen weiterbeschäftigt werden um auf einen Fortbestand der Arbeitsorganisation schließen zu können. Ist ein Betrieb stärker durch Spezialwissen und Qualifikation der Arbeitnehmer geprägt, kann ein kleinerer Anteil ausreichen. Letztendlich gibt es keine feste Zahl, an der der Betriebsübergang festgemacht werden kann. Es kommt auf den Einzelfall und die Gesamtumstände an.

3. Funktionsnachfolge und Outsourcing

Abzugrenzen ist ein Betriebsübergang stets von der bloßen Funktionsnachfolge. Von einer Funktionsnachfolge spricht man dann, wenn beim Erwerber lediglich ein bestimmte Tätigkeit fortgeführt wird ohne, dass ein auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit mit einer bestimmten Organisationsstruktur übernommen wird. Die bloße Übernahme einer Tätigkeit stellt noch keinen Betriebsübergang dar. Ohne Übertragung materieller oder immaterieller Aktiva kann in diesen Fällen kein Betriebsübergang vorliegen. Übernimmt der neue Auftragnehmer dagegen einen wesentlichen Teil des bisherigen Personals wird die Funktionsnachfolge zum Betriebsübergang. Dabei ist wesentlich, dass die Arbeitsorganisation und Betriebsmethoden übernommen werden.

In diesem Kontext spielt auch das sogenannten Outsourcing eine große Rolle. Bei den Outsourcingmaßnahmen kann es sich abhängig von den Umständen des Einzelfalles entweder um ein Betriebsübergang oder aber um bloße Funktionsnachfolge handeln. Dabei ist ein Betriebsübergang zu bejahen, wenn der externe Anbieter Infrastruktur oder Personal aus dem outsourcenden Betrieb übernimmt. Führt der externe Dritte dagegen ausschließlich die bisher unternehmensintern vollzogene Aufgabe extern mit eigenen Mitarbeitern und eigenen Betriebsmitteln aus, liegt eine bloße Funktionsnachfolge vor.

II. Auswirkung des Betriebsübergangs

1. Übergang der Arbeitsverhältnisse

§ 613 a BGB stellt eine Schutzvorschrift zu Gunsten der Arbeitnehmer dar. Liegt ein Betriebsübergang vor, wird durch § 613 a sichergestellt, dass der Arbeitnehmer nicht seinen Arbeitsplatz verliert, sondern das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dem ehemaligen Betriebsinhaber auf den neuen Betriebsinhaber übergeht. Zu beachten ist, dass von § 613 a BGB nur Arbeitsverhältnisse erfasst werden. Nicht betroffen sind damit freie Dienstverhältnisse, Ruhestandsverhältnisse oder Versorgungsanwartschaften, bereits ausgeschiedene Arbeitnehmer, Organmitglieder juristischer Personen, da diese regelmäßig nicht Arbeitnehmer sind, und arbeitnehmerähnliche Personen.

Die Arbeitsverhältnisse gehen automatisch über. Dazu ist weder die Zustimmung des Veräußerers, noch die des Erwerbers oder des Arbeitnehmers erforderlich. Veräußerer und Erwerber können den Übergang eines Arbeitsverhältnisses auch nicht ausschließen. Der Arbeitnehmer hat jedoch die Möglichkeit dem Betriebsübergang zu widersprechen.

2. Unterrichtungspflicht

Gemäß § 613 a Abs. 5 BGB ist der Betriebsveräußerer bzw. der Betriebserwerber dazu verpflichtet die betroffenen Arbeitnehmer zeitlich vor dem Betriebsübergang umfassend über die in Betracht gezogene Maßnahme zu informieren.

Die Unterrichtung hat in Textform zu erfolgen. Die Textform ist gewahrt, wenn die Unterrichtung als Urkunde oder so abgegeben wird, dass sie die Person des Erklärenden nennt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht wird. Möglich ist auch die Information der Arbeitnehmer durch eine E-Mail. Dafür müssen jedoch entsprechende Adressen am Arbeitsplatz verfügbar sein und die Arbeitnehmer müssen mit der Übermittlung von rechtserheblichen Erklärungen auf diesem Weg einverstanden sein.

Den Arbeitgeber bzw. Erwerber trifft das Risiko den tatsächlichen Zugang der Unterrichtung bei jedem Arbeitnehmer nachweisen zu müssen. Da vom Zugang der Unterrichtung auch der Beginn der Widerspruchsfrist abhängt, ist es empfehlenswert eine schriftliche Empfangsbetätigung vorzusehen.

Die Unterrichtung muss insbesondere enthalten:
  • Den Zeitpunkt oder geplanten Zeitpunkt des Übergangs
  • den Grund für den Übergang
  • die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
  • die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.
Mit den vorgesehenen Maßnahmen sind Fragen der Weitergeltung oder Änderung der bisherigen Rechten und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis, Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen Inhabers gegenüber dem Arbeitnehmer sowie Kündigungsschutzthemen gemeint.

Nicht ausreichend ist wie dargelegt eine mündliche Information. Bei der Unterrichtung in Textform soll der Arbeitnehmer nämlich die Möglichkeit bekommen, die für ihn neuen und nicht sofort überschaubaren Informationen nachzulesen, sich weitergehend zu erkundigen und ggf. beraten zu lassen, um auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob er dem Übergang des Arbeitsverhältnisses widersprechen will oder nicht.



Eine Unterrichtung könnte wie folgt aussehen:

Muster einer Unterrichtung


Briefkopf

Betreff: Betriebsübergang



Sehr geehrter Herr/Frau....,

wie Ihnen bereits mündlich mitgeteilt wurde, soll der Betrieb (Name der veräußernden Gesellschaft, Adresse) im Rahmen der geplanten Umstrukturierung und im Wege einer Unternehmensteilveräußerung auf die (Name der erwerbenden Gesellschaft, Adresse) übertragen werden. Die Übertragung führt zu einem Betriebsübergang nach § 613 a BGB über den wir Sie nachfolgend unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorschriften unterrichten.

Der Betriebsübergang wird nach derzeitigem Planungsstand zum (Datum) erfolgen. Ihm liegt ein Unternehmenskaufvertrag zugrunde , auf dessen Grundlage die (Name der erwerbenden Gesellschaft) sämtliche materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter der (Name der veräußernden Gesellschaft) erwerben wird. Die Veräußerung beruht auf einer unternehmerischen Entscheidung der (Name der veräußernden Gesellschaft).

Betroffen von dem Betriebsübergang sind sämtliche Mitarbeiter der (Name der veräußernden Gesellschaft). Die Beschäftigungsverhältnisse aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der (Name der veräußernden Gesellschaft) gehen mit sämtlichen Rechten und Pflichten unter Anrechung der vollen Betriebszugehörigkeit auf die (Name der erwerbenden Gesellschaft) über. Die Ihnen von der (Name von der veräußernden Gesellschaft) erteilte Versorgungszusage wird ebenfalls von der (Name der erwerbenden Gesellschaft) übernommen. Die bisherigen Regelungen gelten zwischen Ihnen und der (Name der erwerbenden Gesellschaft) unverändert weiter. Da (Name der erwerbenden Gesellschaft) ebenfalls Mitglied im Arbeitgeberverband der ............... Industrie ist, bleiben für Ihre Arbeitsverhältnisse auch maßgebliche Tarifverträge der ................Industrie weiterhin anwendbar. Da die Betriebsorganisation von der (Name der erwerbenden Gesellschaft) fortgeführt wird, bleiben auch die bestehenden Betriebsvereinbarungen nach dem Betriebsübergang in Kraft. Der gewählte Betriebsrat bleibt im Amt.

Die (Name der veräußernden Gesellschaft) haftet neben der (Name der erwerbenden Gesellschaft) für die Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis soweit sie vor dem Betriebsübergang entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden als Gesamtschuldner.

Sofern Verpflichtungen nach dem Übergang fällig werden, so haftet die (Name der veräußernden Gesellschaft) für Sie jedoch nur in dem Umfang, der dem in Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil Ihres Bemessungszeitraums entspricht.

Es sei darauf hingewiesen, dass eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die (Name der veräußernden Gesellschaft) oder die (Name der erwerbenden Gesellschaft) wegen des Betriebsübergangs unwirksam ist. Dabei bleibt jedoch das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen unberührt.

Nach dem derzeitigen Planungsstand werden betrieblichen Strukturen und die betrieblichen Organisationen von dem Betriebsübergang nicht berührt. Die (Name der erwerbenden Gesellschaft) beabsichtigt das bestehende Geschäft weiterzuführen.

Folge des Betriebsüberganges für Sie ist damit der Wechsel des Arbeitgebers. An den Rechten und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis ändert sich nichts. Wir bitten Sie daher, Ihre Tätigkeit wie auch in der Vergangenheit bei Ihrem neuen Arbeitgeber fortzusetzen. Sofern Sie sich für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses entscheiden, bitten wir Sie Ihr Einverständnis auf der beigefügten Erklärung bis zum ........... schriftlich gegenüber der (Name der veräußernden Gesellschaft) oder der (Name der erwerbenden Gesellschaft) zu erklären. Sollte bis zu dem Zeitpunkt eine ausdrückliche Erklärung nicht vorliegen, gehen wir von Ihrem stillschweigenden Einverständnis mit dem Betriebsübergang aus.

Ihnen steht es frei, dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses zu widersprechen. Bitte beachten Sie, dass der Widerspruch innerhalb eines Monats nach Zugang dieser Unterrichtung schriftlich zu erfolgen hat. Der Widerspruch kann sowohl gegenüber der (Name der veräußernden Gesellschaft, Adresse) oder der (Name der erwerbenden Gesellschaft, Adresse) erklärt werden. Bitte beachten Sie aber, dass im Falle eines Widerspruchs die Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses drohen kann, da aufgrund des Betriebsübergangs Ihr bisheriger Arbeitsplatz bei der (Name der veräußernden Gesellschaft) ersatzlos wegfällt und ggf. eine alternative Beschäftigungsmöglichkeit nicht existiert.

Bei Rückfragen können Sie sich gerne an Ihren Personalleiter Herrn/Frau ............. wenden.

Mit freundlichen Grüßen

_____________________________ ____________________________
Unterschrift veräußernde Gesellschaft Unterschrift erwerbende Gesellschaft


Hinweis: Dieses Muster dient lediglich als Beispiel. Der Inhalt muss den jeweiligen Umständen angepasst werden.

3. Widerspruchsrecht

Bei einem Betriebsübergang steht also dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu, der unverzüglich nach Kenntnis des Betriebsübergangs gegen den neuen Betriebsinhaber geltend zu machen ist. Aus dem Arbeitsverhältnis gehen wie dargelegt alle Rechte und Pflichten über. Dem Arbeitnehmer steht es jedoch auch frei, den Übergang des Arbeitsverhältnisses zu widersprechen. Diesbezüglich hat er zu beachten, dass der Widerspruch innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung schriftlich erfolgen muss. Der Widerspruch kann gegenüber den bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Zu beachten ist dabei, dass im Falle eines Widerspruchs in der Regel eine Kündigung droht. Durch den Widerspruch geht das Arbeitsverhältnis nicht auf den neuen Betriebsinhaber über. Der alte Betriebsinhaber wird jedoch regelmäßig keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit haben, da der ursprünglich besetzte Arbeitsplatz wegfällt und meist eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen vergleichbaren Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt. Durch einen Widerspruch nimmt man damit regelmäßig die betriebsbedingte Kündigung in Kauf. Aus diesem Grund kann der Verlust des Arbeitsplatzes als Folge des Widerspruches auch zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeldbezug führen.

Der Arbeitgeber hat zu beachten, dass die einmonatige Widerspruchsfrist nur zu Laufen beginnt, wenn die Unterrichtung ordnungsgemäß erfolgt ist. Bei z.B. einer mündlichen Mitteilung beginnt die Widerspruchsfrist nicht zu laufen, der Arbeitnehmer kann noch viel später widersprechen. Eine zeitliche Grenze für die Ausübung des Widerspruchsrechts existiert nicht. Die Ausübung kann jedoch verwirkt werden.

Die Arbeitnehmer, die einen Widerspruch in Betracht ziehen, haben weiter zu beachten, dass nach einem Urteil des BAG der Widerspruch nicht widerruflich ist. Der Widerspruch als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung wird mit dem Zugang wirksam. Ein Widerruf ist nach den allgemeinen Regeln nur möglich, wenn er vor oder gleichzeitig mit dem Widerspruch gegen den Übergang zugeht. Ein einmal zugegangener Widerspruch kann damit nicht wieder ungeschehen gemacht werden. Ein widerruf ist wie geschildert nur bis zum Zugang des Widerspruchs möglich.

4. Kündigung

Eine Kündigung aus Anlass des Betriebsüberganges durch den bisherigen oder den neuen Arbeitgeber ist dagegen rechtsunwirksam. Von einer Kündigung aus Anlass des Betriebsüberganges sind auch Arbeitnehmer geschützt deren Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Kündigung weniger als sechs Monate bestanden hat sowie Arbeitnehmer in Kleinbetrieben mit weniger als sechs Beschäftigen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich die Rechtslage nach Inkrafttreten der noch in diesem Jahr geplanten Reformen ändern wird.

Die Kündigung ist dann unwirksam, wenn sie wegen des Betriebsüberganges ausgesprochen wird, d. h. wenn dieser den Beweggrund, das Motiv bzw. die überwiegende Ursache darstellt. Zu beachten ist, dass zwar vom Wortlaut des § 613 a Abs. 4 BGB Aufhebungsverträge nicht erfasst werden, das BAG deren Unwirksamkeit jedoch annimmt, wenn sie vom Arbeitgeber veranlasst sind und den Betriebsübergang ermöglichen sollen.

Die Klage mit der die Unwirksamkeit der Kündigung geltend gemacht wird, ist gegen den Arbeitgeber zu richten, der sie ausgesprochen hat. Möglich ist auch, dass der Arbeitnehmer in subjektiver Klagehäufung gegen den bisherigen Arbeitgeber auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die vom bisherigen Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung nicht aufgelöst worden ist und gegen den Betriebserwerber auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht, klagt. Das in dem Prozess gegen den Veräußerer ergehende Urteil wirkt auch für und gegen den Erwerber, wenn der Betriebsübergang nach Rechtshängigkeit dieses Prozesses erfolgt.

Eine Kündigung aus anderen Gründen, wie aus personen- verhaltensbedingten oder außerordentlichen Kündigungsgründen ist dagegen möglich und wirksam. Wie bereits dargelegt ist auch eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen bei einem Widerspruch möglich und wirksam.

III. Rechtsstellung des Erwerbers

Der Erwerber tritt bei dem Betriebsübergang mit allen Rechten und Pflichten in die Arbeitsverhältnisse ein. Er erhält die volle Arbeitgeberstellung. Damit steht ihm das Weisungsrecht im Rahmen der Arbeitsverhältnisse zu und die Arbeitnehmer haben ihm gegenüber ihre Haupt- und Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis zu erbringen. Der Erwerber muss die selben Löhne und Gehälter zahlen, die der ehemalige Betriebsinhaber gezahlt hat. Auch rückständige Lohnansprüche hat er aufgrund des Schuldnerwechsels zu begleichen. Zu den Verbindlichkeiten gehören u. a. Darlehensansprüche, die im Zusammenhang mit den Arbeitsverhältnissen stehen. Die beim bisherigen Betriebsinhaber zurückgelegten Betriebszugehörigkeiten werden angerechnet. Dadurch verlängern sich zum Beispiel die Kündigungsfristen. Auch beim Veräußerer erdienten Versorgungsanwartschaften der Arbeitnehmer gehören zu den übergehenden Rechten.

Der Erwerber ist grundsätzlich nicht verpflichtet aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes den neuen Arbeitnehmern dieselben Leistungen zu erbringen wie seiner Stammbelegschaft. Bei längere Arbeitsleistung der neuen Arbeitnehmer kann jedoch ein sachlicher Grund zur Differenzierung entfallen. Der Erwerber kann die etwaig günstigeren Arbeitsbedingungen der übernommenen Belegschaft wiederum nicht an die niedrigeren Leistungen in seinem Betrieb anpassen. Eine Änderungskündigung diesbezüglich ist ausgeschlossen.

Umstritten ist, ob der neue Arbeitgeber auch bezüglich eines Wettbewerbsverbotes in die Rechte des Veräußerers eintritt. Besteht das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Betriebsübergangs noch, muss der Betriebserwerber in das Wettbewerbsverbot eintreten. Dabei kann sich auch eine Änderung der Unterlassungspflichten ergeben, wenn der Betriebserwerber einen anderen oder weitergehenden Unternehmenszweck verfolgt. Ist das Arbeitsverhältnis bereits beendet, so wird der Eintritt in das Wettbewerbsverbot teils bejaht, teils verneint.

IV. Rechtsstellung des bisherigen Arbeitgebers

Mit dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber endet das Arbeitsverhältnis zu dem bisherigen Arbeitgeber. Etwaige (tarifliche) Ausschlussfristen beginnen ab diesem Zeitpunkt zu laufen. Der Betriebsveräußerer haftet für die zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bereits beendeten Arbeitsverhältnisse. Diese sind nicht auf den Erwerber übergegangen, so dass der Betriebsveräußerer allein für die daraus begründeten Ansprüche haftet. Dazu gehören z. B. rückständige Lohnforderungen, Provisionen, Nebenleistungen, Sozialleistungen, Ruhegelder der bereits im Ruhestand lebenden Arbeitnehmer sowie unverfallbare Versorgungsanwartschaften ausgeschiedener Arbeitnehmer. Sofern die Arbeitsverhältnisse nicht vor Betriebsübergang beendet waren, sondern darüber hinaus fortbestehen, haftet der ehemalige Betriebsinhaber als Gesamtschuldner neben dem neuen Inhaber für die Erfüllung der Ansprüche, die vor Betriebsübergang entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden. Die volle gesamtschuldnerische Haftung obliegt dem ehemaligen Betriebsinhaber für Forderungen, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind und fällig waren. Sind Forderungen zu diesen Zeitpunkt zwar entstanden, aber erst nach Betriebsübergang fällig geworden, haftet er nur anteilsmäßig entsprechend dem im Übergangszeitpunkt abgelaufenen Bemessungszeitraum.

Die Haftung des früheren Betriebsinhabers im Innenverhältnis, also zu dem Betriebserwerber, ist in § 613 a BGB nicht geregelt. Diese Haftung richtet sich daher nach der im Übernahmevertrag getroffenen Vereinbarung.

Keine Haftung trifft den Betriebsveräußerer für solche Ansprüche, die erst nach dem Betriebsübergang entstanden und fällig geworden sind. In diesem Zeitraum war er nämlich nie Schuldner des Arbeitnehmers.

V. Mitwirkung des Betriebsrates

Der Betriebsübergang unterliegt grundsätzlich nicht der Mitbestimmung des Betriebsrates. Der Wirtschaftsausschuss des Unternehmens ist zu unterrichten. Wenn mit der Betriebsnachfolge wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder einen Teil der Belegschaft verbunden sind, so kann der Betriebsrat ein Mitwirkungsrecht haben. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn mit dem Betriebsübergang eine Betriebsänderung verbunden ist.

Sollen Kündigungen ausgesprochen werden, so ist der Betriebsrat anzuhören.

Rechtsanwältin Denise Weikert, Gernsheim
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