Checkliste bei Kündigungsschutzprozessen


Die Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Kündigungsschutzprozesses ist schwierig. Eine sogenannte "eindeutige Rechtslage" bei Kündigungsschutzverfahren gibt es so gut wie nicht. Die meisten Kündigungsschutzprozesse enden bereits in der Güteverhandlung. Aus diesen Gründen sollte - wenn auch nicht zwingend notwendig - schon vor der Güteverhandlung vom Arbeitgeber auf die Kündigungsschutzklage erwidert werden. Nur so hat der Arbeitgeber bei Vergleichsverhandlungen eine gute Ausgangsposition. Es gilt prozeß- und materiellrechtliche Fehler zu vermeiden. Nachfolgende Stichpunkte sind zwingend zu beachten:

1.
Ist die richtige Partei verklagt?
Ist beispielsweise ein Einzelhandelsunternehmen in eine GmbH umgewandelt worden und wurde nicht die GmbH verklagt, so kann schon allein aus diesen Gründen ein Kündigungsschutzprozeß für den Arbeitnehmer verloren sein.

2.
Ist die für die Erhebung der Kündigungsschutzklage zwingend erforderliche Dreiwochenfrist eingehalten?
Ist dies nicht der Fall, so gilt in der Regel die Kündigung als sozial gerechtfertigt, auch wenn dies materiellrechtlich überhaupt nicht der Fall ist.

3.
Sind die Kündigungsfristen richtig errechnet?
Ist dies nicht der Fall, so können sich dadurch erhebliche Nachteile für denjenigen ergeben, der dies nicht (rechtzeitig) bemerkt.

4.
Ist das Schriftformerfordernis der Kündigung erfüllt?
Seit dem 01.05.2000 müssen alle Kündigungen schriftlich ausgesprochen werden.

5.
Sind die Verfallfristen in Tarif- und/oder Arbeitsverträgen beachtet?
Verfallfristen sind vom Gericht von Amts wegen zu beachten. Das bedeutet, dass bestimmte Ansprüche nach Verfall nicht mehr durchsetzbar sind, selbst dann wenn beide Arbeitsvertragsparteien die Fristen nicht kannten.

6.
Ist die Kündigung von dem/den Kündigungsberechtigten unterzeichnet?
Ist dies nicht der Fall, so kann nach einer entsprechenden Rüge die Kündigung allein schon aus diesen Gründen unwirksam sein.

7.
Fehler bei einer fristlosen Kündigung vermeiden!
Außerordentliche Kündigungen sind nur selten wirksam. Nach einer Statistik sollen 9 von 10 außerordentlichen Kündigungen unwirksam sein. Aus diesen Gründen sollte stets neben der außerordentlichen Kündigung hilfsweise eine ordentliche Kündigung ausgesprochen werden und der Betriebsrat zu beiden Kündigungen angehört worden sein.

8.
Ist der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört?
Hier sind strenge formale Voraussetzungen zu beachten.

9.
Besteht Sonderkündigungsschutz?
Sonderkündigungsschutz genießen z. B. Personalratsmitglieder, Schwerbehinderte, Schwangere, Arbeitnehmer im Erziehungsurlaub, Mandatsträger und Sicherheitsingenieure.

10.
Ist der als leitender Angestellter angesehene Arbeitnehmer tatsächlich leitend tätig?
Nicht jeder leitende Angestellte hat den entsprechenden Status. Bei (echt) leitenden Angestellten ist die Anhörung des Betriebsrats nicht notwendig. Er genießt auch nicht den Kündigungsschutz, den der nicht leitende Angestellte hat. Zu untersuchen ist jedoch immer, ob der "leitende Angestellte" auch tatsächlich die entsprechende Funktion innehat. Der Tatbestand des leitenden Angestellten dürfte bei Fehlen einer Prokura regelmäßig nicht erfüllt sein. Aber auch Prokuristen können derartig untergeordnete Funktionen wahrnehmen, dass sie nicht als leitende Angestellte gelten.

11.
Ist das Kündigungsschutzgesetz überhaupt anwendbar?
Dies ist nur dann der Fall, wenn der Betrieb mehr als fünf Arbeitnehmer hat und der Arbeitnehmer länger als sechs Monate beschäftigt worden ist.
Für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis erst nach dem 31.12.2003 begonnen hat, ist das Kündigungsschutzgesetz sogar erst anwendbar, wenn in dem Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer (ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten) beschäftigt werden.

12.
Handelt es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis?
Dann ist eine Kündigung während der Befristung nur dann möglich, wenn dies im Arbeitsvertrag vorgesehen ist.

13.
Sind mehrere Kündigungen ausgesprochen worden?
Ist dies der Fall, muss entweder jede einzelne Kündigung angegriffen werden oder zumindest ein allgemein gehaltener Kündigungsschutzantrag gestellt worden sein.

14.
Hat der Arbeitnehmer bereits eine neue Arbeitsstelle?
Ist dies der Fall und verdient der Arbeitnehmer genauso viel oder mehr wie im alten Arbeitsverhältnis, so kann der Arbeitgeber zunächst einmal aufatmen. Verliert er den Prozeß, so wird vermutlich der Arbeitnehmer nicht zu ihm zurückkehren wollen. Dann besteht die Situation, dass der Arbeitgeber zwar einen Prozeß verloren hat, trotzdem keine vertraglichen noch wirtschaftlichen Nachteile in Kauf nehmen muss. Der Arbeitnehmer muss jedoch weder dem Arbeitgeber noch dem Gericht gegenüber offenbaren, dass er bereits eine neue Arbeitsstelle angetreten hat oder antreten wird.

Stand: Mai 02

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