Vorsicht Ehegattentestament!



Ehegattentestamente bergen in der Praxis zahlreiche Probleme:

Viele Eheleute erstellen ein Ehegattentestament und wundern sich hinterher, dass trotz formgültiger Testamentsurkunde dann doch alles ganz anders läuft, als sie es sich dachten. Insbesondere wird die Rolle und Bedeutung von Pflichtteilsansprüchen bisweilen völlig verkannt.

Wer lediglich testiert: "Wir setzen uns gegenseitig zu Erben ein. Nach dem Tode des zuletzt Versterbenden von uns sollen unsere gemeinsamen Kinder unser Vermögen erben" kann böse Überraschungen erleben. Denn nach dem Tode des zuerst versterbenden Ehegatten haben die Kinder bereits einen sogenannten Pflichtteilsanspruch gegen den überlebenden Ehegatten in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils erlangt. Dieser Pflichtteilsanspruch besteht kraft Gesetzes und kann auch nicht ausgeschlossen werden. Als Beispiel sei folgender Fall aus der Praxis geschildert:

Die Eheleute M. und F. sind zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung im gesetzlichen Güterstand miteinander verheiratet. Sie haben zwei Kinder. Sie erstellen formwirksam folgendes Testament:

"Wir, die Eheleute M und F setzen uns gegenseitig zu Erben ein. Nach dem Tode des zuletzt Versterbenden von uns sollen unsere gemeinsamen Kinder S und T unser Vermögen bekommen."

Zwar können die Eltern es tatsächlich nicht verhindern, dass Kinder in einer solchen Situation wie sie hier vorliegt, nach dem Tode des Erstversterbenden den Pflichtteil in Bezug auf dessen Nachlass einfordern, allerdings kann der Gefahr, dass Kinder den überlebenden Ehegatten mit Pflichtteilsansprüchen konfrontieren dadurch entgegengewirkt werden, dass in dem gemeinschaftlichen Ehegattentestament eine Klausel niedergeschrieben wird, wonach dasjenige Kind, das nach dem Tode des erstversterbenden Ehegatten seinen Pflichtteil vom Überlebenden einfordert, auch nach dem Tode des letztversterbenden Ehegatten nur den Pflichtteil erhalten soll. [Der gesetzliche Erbteil eines jeden Kindes wäre hier ¼ des Nachlasses des versterbenden Elternteils, der Pflichtteil beliefe sich wertmäßig auf die Hälfte davon, mithin also auf 1/8 des Nachlasswertes] Anders ausgedrückt: Sollte ein Kind nach dem Tod des zuerst versterbenden Elternteils seinen Pflichtteil vom überlebenden Elternteil einfordern, wird es dann mit seiner Enterbung nach dem Tode des zuletzt versterbenden Elternteils "bestraft". Es bekommt dann ebenfalls nur noch den Pflichtteil nach diesem. Eine solche Regelung hat eine beträchtliche Abschreckungsfunktion, weil Kinder es sich sehr wohl überlegen werden, ob sie wirklich das "schnelle Geld", das sie durch den Pflichtteilsanspruch nach dem Erstversterbenden bekommen können, mit ihrer Enterbung nach dem Letztversterbenden teuer erkaufen wollen.

Rechtsanwalt Michael Müller-Hegen
Anwaltskanzlei Dingeldein • Rechtsanwälte, Bickenbach

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