Fehler des Arbeitgebers bei Beginn, Bestand und
Beendigung des Arbeitsverhältnisses

I. Einstellung eines neuen Arbeitnehmers

1. Stellenanzeige und Bewerbung

geschlechtsbezogene Benachteiligung

  • Nach § 611 b BGB dürfen Arbeitsplätze weder öffentlich noch betriebsintern ausschließlich für Männer oder Frauen ausgeschrieben werden.
  • Bewerbern sich auf eine ausgeschriebene Stelle sowohl Männer als auch Frauen, darf ein Arbeitgeber einen Bewerber nicht allein aufgrund seines Geschlechts ablehnen (§ 611 a Abs. 1 BGB).

  • Fühlt sich ein Bewerber benachteiligt, so hat er die Beweislast.

  • Beweislasterleichterung gemäß § 661 a Abs. 1 Satz 3 BGB:
    Macht der Bewerber glaubhaft, dass eine geschlechtsbezogene Benachteiligung vorlag, so muss der Arbeitgeber darlegen, dass sachliche und nicht geschlechtsbezogene Gründe maßgeblich für die Ablehnung des Bewerbers waren. Ein Indiz kann sein, dass die Stelle ausschließlich für Männer bzw. für Frauen ohne einen Grund ausgeschrieben war.

  • Bei Verstoß: Entschädigungsanspruch, begrenzt auf drei Monatsgehälter

  • Voraussetzung ist für den Entschädigungsanspruch, dass der Bewerber sich nicht nur "formal" um eine Stelle beworben hat, sondern auch objektiv in der Lage und subjektiv willens ist, die Stelle anzutreten.

Anders: Vorstellungskosten, Fahrt-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten durch abgewiesenen Stellenbewerber; Anspruch analog § 670 BGB; aber: Ausschluss der Vergütung bei einvernehmlicher Regelung; dies kann auch konkludent dadurch geschehen, dass der Arbeitgeber bereits bei der Einladung zum Bewerbungsgespräch erklärt, keine Kosten zu übernehmen. Erscheint der Bewerber dennoch, so hat er sich stillschweigend damit einverstanden erklärt.

2. Abschluss des Arbeitsvertrages

Arbeitsverträge können grundsätzlich formfrei, also auch mündlich geschlossen werden. Der Arbeitgeber ist aber gemäß § 2 Abs. 1 Nachweisgesetz verpflichtet, den wesentlichen Vertragsinhalt schriftlich niederzulegen (Umfang: § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 - 10 Nachweisgesetz).

Dies gilt auch gemäß § 3 Nachweisgesetz bei einer Änderung der Arbeitsbedingungen.

Keine Pflicht nach § 2 Abs. 1 Nachweisgesetz, wenn ein Arbeitsvertrag schriftlich abgeschlossen wurde.

Folgen eines Verstoßes gegen das Nachweisgesetz (stumpfes Schwert): Keine Sanktion, Tendenz der Rechtsprechung: Beweislastumkehr.

II. Probleme während des Arbeitsverhältnisses
1. Teilzeitarbeit

Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber drei Monate vor der Arbeitszeitverringerung den Umfang der Verringerung und die gewünschte Lage der Arbeitszeit mitteilen. Teilt der Arbeitgeber nicht spätestens einen Monat vor Beginn der Arbeitszeitverringerung seine Entscheidung hierzu schriftlich mit, so gilt sowohl die Arbeitszeitverringerung als auch die verteilung als festgelegt.

Widerspricht der Arbeitgeber form- und fristgerecht, so tritt diese Wirkung nicht ein und der Arbeitnehmer muss seinen Anspruch auf Teilzeitarbeit klageweise durchsetzen.

Keinesfalls darf der Arbeitnehmer bei einem Widerspruch des Arbeitgebers seine Arbeitszeit eigenmächtig verringern.

Wurde die Arbeitszeit reduziert, so kann der Arbeitgeber bei Vorliegen von erheblichen und überwiegenden betrieblichen Belangen mit einer Frist von einem Monat die Arbeitszeitreduzierung einseitig wieder ändern.

Gemäß § 11 Satz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz besteht ein Kündigungsverbot aus Anlass der Teilzeitarbeit.

2. Vergütung

Grundsätzlich sind die Arbeitsvertragsparteien bei der Vereinbarung der Höhe der Vergütung frei.

Dies gilt nicht im Geltungsbereich eines Tarifvertrages, in dem das Gehalt festgeschrieben ist: Hier darf der Tariflohn nach § 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz in Verbindung mit § 134 BGB der Tariflohn nicht unterschritten werden.

Ohne tarifliche Bindung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksame sittenwidrige Lohnvereinbarung erst dann vor, wenn der Tariflohn um 25 % oder mehr unterschritten wird.

Die Vergütung ist mit Ende des Kalendermonats fällig, § 614 BGB.

Bei erheblichen Lohnrückständen: Rückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers gemäß § 273 BGB.

Verjährung beträgt nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB regelmäßig drei Jahre.

Tarifverträge oder arbeitsvertraglich vereinbarte Ausschlussfristen bestimmen aber häufig sehr viel kürze Verfallsfristen.

Überstunden sind nur dann gesondert zu vergüten, wenn diese zusätzliche Dienstleistung nach den Umständen des Einzelfalles nur gegen entsprechende Zahlung zu erwarten ist, § 612 Abs. 1 BGB. Dies gilt jedoch nur, wenn der Arbeitgeber die Überstunden angeordnet hatte oder diese betrieblich dringend erforderlich waren und der Arbeitgeber die Ableistung der Überstunden duldete.

Überstunden sind dann nicht gesondert zu vergüten, wenn keine feste Arbeitszeit oder (ausdrücklich oder stillschweigend) vereinbart wurde, dass mit der monatlichen Vergütung auch eventuelle Überstunden abgegolten sind (Pauschallohnvereinbarung). Solche Pauschallohnvereinbarungen sind nur dann sittenwidrig gemäß § 138 Abs. 1 BGB, wenn sich dadurch eine völlig unterwertige Bezahlung ergibt. Es ist hierbei ratsam, die Anzahl der unentgeltlich abzuleistenden Überstunden zeitlich zu beschränken, z.B. auf zehn Stunden pro Woche.

3. Jahressonderzahlungen

Jahressonderzahlungen sind Zahlungen, die der Arbeitnehmer nicht innerhalb der regulären Vergütungszeiträume, sondern zu bestimmten Zeiten im Jahr erhält. Die häufigsten Fälle sind das Weihnachts- oder Urlaubsgeld.

Ohne Arbeits- oder tarifvertragliche Regelung in der Regel keinen Anspruch auf Zahlung; Ausnahme: betriebliche Übung oder arbeitsvertraglicher Gleichbehandlungsgrundsatz.

Betriebliche Übung dann, wenn der Arbeitgeber das Weihnachts- oder Urlaubsgeld regelmäßig und vorbehaltlos zahlt. Für die Regelmäßigkeit genügt die dreimalige Zahlung. Umgekehrt kann der so entstandene Anspruch aber auch wieder durch betriebliche Übung entfallen, wenn der Arbeitgeber die Sonderzahlung dreimal unterlassen hat bzw. dreimal unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit gezahlt hat und der Arbeitnehmer nicht widersprochen hat.

Der Arbeitgeber kann sich vor dem Entstehen des Anspruchs auf eine Sonderzahlung durch betriebliche Übung dadurch schützen, indem er die Zahlung nur unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Freiwilligkeit zahlt.

Rückzahlungsklauseln bei Ausscheiden bis zu einem bestimmten Zeitpunkt:

  • Bei geringfügigen Zahlungen (bis 100,-- €) ist die Rückzahlung ausgeschlossen.
  • Bei Zahlung bis zu einem Monatsgehalt kann der Arbeitnehmer zur Rückzahlung verpflichtet werden, wenn er bis zum 31.03. des Folgejahres ausscheidet; bei einer Zahlung von einem Monatsgehalt oder mehr ist auch eine längere Bindung des Arbeitnehmers möglich, aber längstenfalls bis zum 30.06. des Folgejahres.

4. Urlaub

Gesetzlicher Mindesturlaub: 24 Werktage (§ 3 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz) - Gilt für Sechs-Tage-Woche

Alternativ: 20 Arbeitstage (bei Fünf-Tage-Woche) entspricht dem Mindesturlaubsanspruch nach § 3 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz

Fall 1:
Frau Alt ist als Sekretärin in der Fabrik des X beschäftigt. Frau Bleibtreu als Montagearbeiterin. Frau B. arbeitet in der Produktion sechs Tage in der Woche, während Frau A. in der Verwaltung eine Fünf-Tage-Woche hat. Wie hoch ist der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch von Frau A. und Frau B.?

Lösung:
Da § 3 BUrlG sich auf eine Sechs-Tage-Woche bezieht, hat Frau B. Anspruch auf 24 Tage Mindesturlaub. Frau A. dagegen, die nur fünf Tage in der Woche arbeitet, hat nur Anspruch auf 5/6 des Mindesturlaubs von 24 Tagen, also 20 Tage. Dieses Ergebnis ist gerecht, denn hätte Frau A. ebenfalls 24 Tage Mindesturlaub, so könnte sie fast fünf Wochen Urlaub im Jahr nehmen, da sie für eine Urlaubswoche nur fünf Urlaubstage "opfern" muss. Frau B. muss dagegen für jede volle Urlaubswoche sechs Tage Urlaub nehmen, weswegen sie nur vier Wochen Mindesturlaub hat. Durch die verhältnismäßige Anpassung des Mindesturlaubsanspruchs von Frau A. wird wieder ein gerechtes Ergebnis erreicht, denn so hat tauch Frau A. nur vier Wochen Mindesturlaub.

Besondere Bedeutung bei Teilzeitkräften, die auch ohne besondere Vereinbarung nur Anspruch auf soviel Urlaub haben, wie ihre Arbeitszeit im Verhältnis zu einem vollen Arbeitsverhältnis steht (z.B. halbe Stelle - halber Urlaub).

Der gesetzliche Urlaubsanspruch ist an den Bestand des Arbeitsverhältnisses geknüpft und entsteht erstmals nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses; der Arbeitgeber kann in dieser Zeit Urlaub gewähren, ist dazu jedoch nicht verpflichtet.

Der Urlaubsanspruch ist vom Umfang der erbrachten Arbeitsleistung unabhängig, d.h. auch wenn der Arbeitnehmer die überwiegende Zeit des Jahres aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit keine Arbeitsleistung erbracht hat, hat er Anspruch auf Urlaub.

Während des Urlaubs ist es dem Arbeitnehmer verboten, eine dem Urlaubszweck zuwiderlaufende Erwerbstätigkeit auszuüben; zulässig ist jedoch die Ausübung der genehmigten Nebentätigkeit.

Fall 2:
Herr Findig arbeitet im Bauunternehmen HöherTiefer als Maurer (gegenwärtig auf der Baustelle "Schlossplatz"). Vom 01.02. bis zum 15.02.2003 nimmt er Urlaub und ist in dieser Zeit vollschichtig für die Baufirma Bill&Berg auf einer anderen Baustelle tätig.

Lösung:
Hier liegt ein klarer Verstoß gegen § 8 BurlG vor. Herr F. soll sich während des Urlaubs erholen und nicht in Vollzeit für eine andere Firma arbeiten. Das Urlaubsentgelt des Herrn F. kann für die Zeit des gesetzlichen Mindesturlaubs jedoch nicht zurückgefordert werden, keiner der bereicherungsrechtlichen Ansprüche des § 812 BGB greift hier durch. Bezüglich eines arbeits- oder tarifvertraglichen Zusatzurlaubes kann aber eine solche Rückzahlungspflicht vereinbart werden. Herr F. muss aber in jedem Fall wegen des Verstoßes gegen § 8 BurlG mit einer Abmahnung und im Wiederholungsfall auch mit einer Kündigung durch die Firma HöherTiefer rechnen.

Der Arbeitgeber kann weder einseitig Urlaub anordnen (Ausnahme: Betriebsurlaub für die ganze Belegschaft), noch kann der Arbeitnehmer seinen Urlaub eigenmächtig antreten; Selbstbeurlaubung kann einen Kündigungsgrund darstellen.

Der Arbeitgeber muss bei der Urlaubsgewährung die Wünsche des Arbeitnehmers weitgehend berücksichtigen und darf den beantragten Urlaub nur dann verweigern, wenn dringende betriebliche Gründe oder vorrangige Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer dagegen sprechen (ansonsten kann der Arbeitnehmer den Erlass einer einstweiligen Verfügung möglicherweise durchsetzen).

Der Urlaub muss grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr gewährt werden, kann aber in die ersten drei Monate des folgenden Kalenderjahres übertragen werden. Danach verfällt nicht genommener Urlaub.

Eine Auszahlung ist grundsätzlich nicht möglich. Dies gilt nur dann, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommen werden kann (Urlaubsabgeltungsanspruch des Arbeitnehmers).

Beachte insbesondere: Ist die Wartezeit erfüllt und scheidet der Arbeitnehmer in der zweiten Jahreshälfte aus, hat er den vollen Urlaubsanspruch (in diesem Falle unbedingt an die Urlaubsbescheinigung denken, da ansonsten der Arbeitnehmer vom neuen Arbeitgeber eventuell nochmals Urlaub erhält).

5. Krankheit

Grundsatz: "Kein Lohn ohne Arbeit"; Ausnahme: § 3 Abs. 1 EFZG: Diese Vorschrift bestimmt, dass im Krankheitsfalle der vertragliche Vergütungsanspruch für bis zu sechs Wochen fortbesteht.

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall entsteht erstmals nach vierwöchigem ununterbrochenen Bestand des Arbeitsverhältnisses.

Voraussetzung ist: Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit; Beweislast: Arbeitnehmer: Vorlage eines ärztlichen Attestes.

Der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt ein hoher Beweiswert zu, so dass der daran zweifelnde Arbeitgeber in einen eventuellen Rechtsstreit Umstände darlegen und gegebenenfalls beweisen muss, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Richtigkeit der Bescheinigung geben:

Beispiele:

Nach einer Urlaubsverweigerung legt der Arbeitnehmer für den entsprechenden Zeitraum ein Attest vor.

Der Arbeitnehmer geht während der Krankschreibung einer anstrengenden, eventuell sogar gewerbsmäßigen Tätigkeit oder sogar der identischen Tätigkeit wie in seinem Arbeitsverhältnis nach.

Die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit muss ohne Verschulden des Arbeitnehmers eingetreten sein.

Die Beweislast für das Verschulden des Arbeitnehmers trifft jedoch den Arbeitgeber.

Es spielt keine Rolle, ob die Arbeitsunfähigkeit während der Arbeitszeit oder in der Freizeit eingetreten ist. Dies gilt insbesondere für Sportunfälle.

Bei Sportunfällen kann nur von einem Verschulden des Arbeitnehmers ausgegangen werden, wenn der Arbeitnehmer sich grob regelwidrig verhalten hat oder die sportliche Betätigung seine Leistungsfähigkeit bei Weitem übersteigt.

Es gibt "besonders gefährliche" Sportarten (die das Bundesarbeitsgericht aber nur selten anerkennt). Stellt ausnahmsweise bereits die Teilnahme ein Verschulden dar, das den Entgeltfortzahlungsanspruch entfallen lässt:

  • Beispiel für besonders gefährliche Sportart / Freizeitbetätigung:
    • Bungee-Springen
  • Beispiele für nicht besonders gefährliche Sportarten / Freizeitbetätigungen:
    • Drachenfliegen
    • Fallschirmspringen
    • Boxen
    • Fingerhakeln
Hat ein Dritter die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers verursacht (z.B. fremdverschuldeter Unfall), so ist Teil des vom Dritten zu ersetzenden Schadens die dem Arbeitnehmer während der Krankheit entgangene Vergütung.

§ 6 Abs. 1 EFZG ordnet bezüglich des Anspruchs auf entgangenes Entgelt einen gesetzlichen Forderungsübergang auf den Arbeitgeber an. Der Arbeitnehmer ist dabei nach § 6 Abs. 2 EFZG verpflichtet, dem Arbeitgeber unverzüglich alle zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlichen Angaben zu machen. Andernfalls hat der Arbeitgeber bezüglich des Krankheitslohnes gegenüber dem Arbeitnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht.

Bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit:

  • Unverzügliche Mitteilung
  • Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Der Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber besteht für die Dauer von höchstens sechs Wochen (42 Kalendertage).

Tritt während der Krankschreibung aus einem Krankheitsgrund eine weitere Erkrankung ein, wegen der erneut krankgeschrieben wird, so gilt der Grundsatz der "Einheit des Veränderungsfalls". Dies bedeutet, dass in diesem Fall trotz der zwei (oder mehr) Krankheitsursachen nur ein einheitlicher Entgeltfortzahlungsanspruch von sechs Wochen besteht.

Nach sechs Wochen erhält der Arbeitnehmer lediglich Krankenlohn von der Krankenkasse.

Ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch beginnt nur dann zu laufen, wenn die erste Krankheit beendet war, d.h. der Arbeitnehmer gearbeitet hat oder zumindest theoretisch arbeitsfähig war. Das Ende der Krankheitszeit wird grundsätzlich durch das ärztliche Attest festgelegt, wobei nicht das Ende des letzten Tages (24.00 Uhr), sondern das übliche Arbeitsende an diesem Tag maßgeblich ist.

Grundsätzlich beginnt bei jeder krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit der Arbeitsnehmers ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch von sechs Wochen an zu laufen. Etwas anderes gilt aber für sog. Fortsetzungserkrankungen. Erkrankt ein Arbeitnehmer mehrfach aufgrund derselben Krankheitsursache, so werden diese Krankheitszeiten zusammengerechnet. Der Arbeitnehmer hat dann nur einen einmaligen Entgeltfortzahlungsanspruch, der nach sechs Wochen Krankenzeit insgesamt endet.

Zwei Ausnahmen:

  • Der Arbeitnehmer ist seit der ersten Erkrankung sechs Monate lang nicht wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig.
  • Seit Beginn der ersten Erkrankung sind mindestens 12 Monate abgelaufen. In diesem Fall wird jedoch allgemein davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Ablaufs der Zwölf-Monats-Frist arbeitsfähig sein muss.
Fall 3:
Herr Albers ist seit 1991 als Lohnbuchhalter Montag bis Freitag bei der Firma Balthasar Kekse GmbH beschäftigt. Am Sonntag, den 22.07.2001 erleidet er bei einem Fahrradunfall einen Armbruch und wird von seinem behandelnden Arzt bis zum 24.08.2001 krank geschrieben.

Variante a)
Am 23.08.2001 ist Herr A. wieder soweit hergestellt, dass er mit seiner Frau zum Einkaufen geht. Als er vor dem Supermarkt auf einer Obstschale ausrutscht und stürzt, wird er infolge der dabei erlittenen Knieverletzung von seinem Arzt für weitere zwei Wochen krank geschrieben.

Variante b)
Im Grundfall verheilt der Armbruch gut, so dass Herr A. am Montag, den 27.08.2001 seine Arbeit wieder aufnehmen kann. Am 05.12.2001 wird das an seinem verletzten Arm eingesetzte Metall operativ entfernt. Herr A. ist deswegen bis zum 21.12.2001 krank geschrieben.

Lösung Variante a):
Der Entgeltfortzahlungsanspruch ist grundsätzlich nach §§ 611 Abs. 1 BGB, 3. Abs. 1 EFZG auch die zweite Krankheitszeit vom 23.08.-07.09.2001 gegeben. Es liegt eine unverschuldete krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vor. Die zweite Erkrankung löst jedoch wegen der Einheit des Verhinderungsfalls keinen neuen Entgeltfortzahlungsanspruch aus, da die zweite Krankheit vor Ende der ersten Krankheit eingetreten ist. Herr A. hat nur einen einheitlichen Entgeltfortzahlungsanspruch von sechs Wochen, der am 22.07.2001 beginnt und gemäß §§ 187 Abs. 1 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB mit Ablauf des 02.09.2001 endet. Für die Zeit vom 03.09.-07.09.2001 hat Herr A. keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen die Firma B.

Lösung Variante b):
Auch für die Krankheitszeit vom 05.12.-21.12.2001 sind die Voraussetzungen für einen Entgeltfortzahlungsanspruch eigentlich gegeben. Es besteht jedoch die Besonderheit, dass die Krankheitsursache für die Krankschreibung vom 22.07.-24.08.2001 wieder aufgetreten ist. Da für diese Fortsetzungserkrankung keine der Ausnahmeregelungen des § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG eingreift, besteht für die beiden Krankheitszeiten zusammen nur ein einheitlicher sechswöchiger Entgeltfortzahlungsanspruch. Herr A. hat daher für die Krankheitszeit im Dezember 2001 einen Entgeltfortzahlungsanspruch nur bis zum 13.12.2001.

III. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Die Anfechtung des Arbeitsvertrages

Das Arbeitsverhältnis kann nicht durch Kündigung, sondern auch durch Anfechtung beendet werden.

Beim Arbeitsvertrag ist jedoch nur die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 121 BGB praktisch relevant.

Vier Voraussetzungen für eine arglistige Täuschung:

  • Der Arbeitnehmer wurde in zulässiger Weise nach der verschwiegenen Tatsache gefragt.
  • Der Arbeitnehmer hat die Frage nach der Tatsache bewusst falsch beantwortet.
  • Der Arbeitnehmer musste erkennen, dass die verschwiegene Tatsache für die Entscheidung des Arbeitgebers über die Einstellung wesentlich sein konnte.
  • Der Arbeitnehmer handelt arglistig, d.h. er nahm zumindest billigend in Kauf, der Arbeitgeber könnte durch seine Falschinformation in seiner Entscheidungsfindung beeinflusst werden.
Hauptproblem ist, nach welchen Tatsachen der Arbeitnehmer überhaupt gefragt werden darf: aufgrund der durch Art. 1 und 2 Grundgesetz geschützten Privatsphäre eines jeden Menschen darf dem Arbeitnehmer bei der Einstellung nicht jede Frage gestellt werden. Wird dem Arbeitnehmer eine unzulässige Frage gestellt, darf er darauf nicht nur mit Schweigen, sondern sogar mit einer Lüge antworten. Die Lüge stellt dann zwar immer noch eine arglistige Täuschung dar, die jedoch mangels Rechtswidrigkeit nicht zur Anfechtung berechtigt. Mit anderen Worten: Für die Frage der Anfechtbarkeit des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung ist entscheidend, wie die zulässige Frage zu definieren ist.

Die widerstreitenden Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind d ahingehend zu lösen, dass ein Fragerecht des Arbeitgebers dann besteht, wenn er berechtigte, schutzwürdige Interessen an der Beantwortung seiner Frage hat:

Zulässigkeit häufiger Fragen:

  • Schwangerschaft: die Frage nach einer Schwangerschaft ist generell unzulässig; eine Ausnahme besteht nur:
    • Wenn die künftige Tätigkeit für Leib und Leben der Schwangeren und / oder des Kindes gefährlich sein kann, z.B. Arzthelferin in einem Labor, in dem Kontakt mit infektiösem Material möglich ist.
    • Wenn im befristeten Arbeitsverhältnis wegen sogleich eintretender Mutterschutzfristen der Vertrag überhaupt nicht erfüllt werden kann (dies gilt nicht im unbefristeten Arbeitsverhältnis). o Wenn die Bewerberin wegen der Schwangerschaft aus sonstigen objektiven Gründen nicht für den Arbeitsplatz geeignet ist (z.B: Modell).
Schwerbehinderteneigenschaft

Nach dem Vorliegen einer Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne des Schwerbehindertengesetzes darf grundsätzlich immer gefragt werden, weil dies Folgen für bestimmte Pflichten des Arbeitgebers hat. So muss der Arbeitgeber für einen nicht besetzten Schwerbehindertenplatz nach § 77 SGB IX eine Ausgleichsabgabe zahlen und ansonsten gegenüber einem schwerbehinderten Arbeitnehmer bestimmten Schutzpflichten nachkommen. Es spielt dagegen keine Rolle, ob sich die Schwerbehinderteneigenschaft auf die Arbeitsleistung ausgewirkt hat.

Gesundheitszustand

Der Gesundheitszustand eines Bewerbers gehört grundsätzlich zu dessen Privatsphäre. Er ist jedoch für den Arbeitgeber wichtig, wenn er für die zu erbringende Arbeitsleistung von Bedeutung ist. Der Arbeitnehmer muss die Frage nach seinem Gesundheitszustand also dann wahrheitsgemäß beantworten, wenn er z.B. ansteckende Krankheiten hat oder aufgrund einer Krankheit am vorgesehenen Arbeitsplatz nicht oder nur eingeschränkt einsetzbar ist. Diese Grundsätze gelten auch, wenn se um die Frage nach der Offenbarung einer AIDS-Infektion geht.

Vorstrafen/Ermittlungsverfahren

Offen gelegt werden müssen nur solche Vorstrafen, die sich am Arbeitsplatz wiederholen können, z.B. Trunkenheit im Verkehr bei einem Kraftfahrer oder Unterschlagung bei einem Bankangestellten. Nach einem laufenden Ermittlungsverfahren darf gefragt werden, wenn dies Zweifel an der persönlichen Eignung des Bewerbers begründen kann, z.B. bei Einstellung eines Bewerbers in den Polizeivollzugsdienst. Dies stellt auch keinen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung dar gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK, da diese Vorschrift nur den Richter bindet.

Schulden/Pfändungen

Schulden müssen dann offenbart werden, wenn sie im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen, z.B. bei einem Bankangestellten oder wenn wegen der Schulden die Gefahr der Bestechung besteht. Im Regelfall wird jedoch kein Bezug zum Arbeitsverhältnis erkennbar sein. Nach vorhandenen (Gehalts-)Pfändungen darf wegen des Mehraufwandes in der betrieblichen Verwaltung jedoch meist gefragt werden.

Wettbewerbsverbot/beruflicher Werdegang

Fragen zu diesen Themen sind uneingeschränkt zulässig, da sie entscheidende Informationen für die Eignung des Bewerbers darstellen. Nach dem früheren Verdienst darf allerdings nur dann gefragt werden, wenn sich hieraus ein Rückschluss auf die Qualifikation des Bewerbers ziehen lässt. Auch ein graphologisches Gutachten darf nur mit Zustimmung des Bewerbers eingeholt werden. Hierbei ist in der Übersendung eines handgeschriebenen Lebenslaufs in der Regel keine stillschweigende Zustimmung zu sehen.

Fall 4:
Frau Hartmann bewarb sich im August 1999 bei der Hotelkette Dorian GmbH um eine Anstellung als Kellnerin. Im Verlauf des Vorstellungsgespräches wurde ihr ein Einstellungsfragebogen vorgelegt, der unter anderem folgende Fragen enthielt:

1. Sind Sie schwanger?
2. Sind Sie als Schwerbehinderter anerkannt?
3. Leiden Sie an chronischen Krankheiten?
4. Sind Sie vorbestraft?

Frau H. beantwortete alle Fragen mit "nein". Tatsächlich war sie im dritten Monat schwanger. Sie litt außerdem an einer chronischen Hüftkrankheit, weswegen sie vom Versorgungsamt als schwerbehindert mit einem Grad von 60 % anerkannt worden war. Zudem war sie im Februar 1998 wegen eines Straßenverkehrsdelikts zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

Als die Geschäftsleitung der Dorian GmbH Anfang Dezember 2000 davon erfährt, erklärt sie die Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen der falschen Angaben im Fragebogen. Frau H. hält die Anfechtung für unwirksam, denn selbst wenn sie damals gelogen habe, so könne die Dorian GmbH dies heute nicht mehr als Grundlage für eine Anfechtung heranziehen. Sie habe bisher keine Mängel in ihrer Arbeitsleistung erkennen lassen, auch ihre körperlichen Beeinträchtigungen hätten sich in keiner Weise ausgewirkt.

Lösung:
Die Frage nach der Schwangerschaft war unzulässig, auch die Vorstrafe musste Frau H. mangels Bezug zur arbeitsvertraglichen Tätigkeit nicht offenbaren. Sie hätte aber ihre Schwerbehinderteneigenschaft mitteilen müssen, worin ein hinreichender Anfechtungsgrund besteht. Auch die Frage nach der Krankheit war hier zulässig, da Frau H. als Kellnerin viel laufen muss, wobei eine Beeinträchtigung durch die Hüftkrankheit durchaus denkbar war. Aus diesem Grund besteht jedoch unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung (§242 BGB) kein Anfechtungsrecht mehr. Dies ist immer dann der Fall, wenn wie hier ein die Anfechtbarkeit eigentlich begründender Umstand in der längerfristigen Durchführung des Arbeitsvertrages keine Rolle mehr spielt. Die Firma Dorian kann sich daher bezüglich der Krankheit nicht mehr auf die Anfechtbarkeit berufen. Der Arbeitsvertrag von Frau H. kann daher nur wegen des Verschweigens der Schwerbehinderteneigenschaft angefochten werden.

In einigen Fällen muss der Arbeitnehmer sogar von sich aus bestimmte Umstände offenbaren. Ein Schweigen stellt dann bereits eine Täuschung durch Unterlassen dar, nicht erst eine unwahre Antwort.

Fallgruppen:

  • Der Bewerber ist (z.B. wegen bestehenden Wettbewerbsverbots) rechtlich verhindert, die Stelle anzunehmen.
  • Der Bewerber kann die Arbeit nicht zum vereinbarten Termin aufnehmen, z.B. wegen einer Krankheit, Kur oder eines Führerscheinentzugs beim Kraftfahrer.
  • Der Bewerber kann der vorgesehenen Tätigkeit nicht oder nur sehr eingeschränkt nachkommen (z.B. wegen einer Krankheit).
Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nur innerhalb eines Jahres seit Kenntnis (nicht: Kennenmüssen), der Lüge bzw. der offenbarungspflichtigen Tatsache.

Rechtsfolge der Anfechtung ist die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages.

Beim in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnis kommt es zu Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung, deshalb wirkt die Anfechtung ab ihrer Erklärung.

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