Mögliche gesundheitliche Auswirkungen eines Arbeitsrechtsstreits


Seit 25 Jahren bin ich als Rechtsanwalt hauptsächlich mit Rechtsfragen aus den Bereichen Arbeits-/Sozialrecht und Familien-/Erbrecht befasst. Streitigkeiten im familiären Bereich können sehr leicht negative gesundheitliche Konsequenzen verursachen. Die Aufregung und insbesondere die Betroffenheit der sich im Streit Befindlichen spürt man als Anwalt bei jeder Besprechung sofort. Die Erfahrungen, die ich in meinem bisherigen Berufsleben gemacht habe zeigen jedoch, dass Familienstreitigkeiten, angefangen von langjährigen Erbauseinandersetzungen bis hin zur ekligsten Ehescheidung, lange nicht so gesundheitsgefährdend sind, wie "der Krieg am Arbeitsplatz". Dies liegt wohl daran, dass man seiner Verwandtschaft, ja sogar seinem Ehepartner aus dem Weg gehen kann. Am Arbeitsplatz ist die Flucht vor dem Kontrahenten unmöglich.

Am Anfang meiner beruflichen Tätigkeit musste ich sehr oft erleben, dass Arbeitsvertragspartner zu Beginn eines Rechtsstreits sehr stark auftraten, um kämpferisch ihre Rechte bzw. vermeintlichen Rechte durchzusetzen. Nicht wenige dieser Personen sah ich kurze Zeit später absolut gebrochen, mit nur noch einem Wunsch, nämlich die Auseinandersetzungen so schnell wie möglich und egal mit welchem Ergebnis zu beenden.

Anfangs heftig vertretene Meinungen wurden schnell wegen nervlicher Erschöpfung aufgegeben. Hierbei ist es keineswegs so, dass nur die Arbeitnehmer die Leidtragenden eines belasteten Arbeitsverhältnisses sind. Auch Arbeitgeber habe ich schon völlig geschwächt weinen sehen, weil sie mit ihrer Crew nicht zurecht kamen. Als Anwalt ist man am Anfang seiner Laufbahn damit beschäftigt, die Interessen seiner Mandantschaft durchzusetzen und dabei beachtet man leider nur Gesetz und Rechtsprechung. Glücklicherweise lernt man jedoch hinzu. Dies veranlasste mich, frühzeitig zu versuchen, nicht nur rechtliche, sondern auch gesundheitliche Risiken bei Rechtsstreitigkeiten zu erkennen (soweit ich dazu als Jurist und damit Nichtarzt überhaupt in der Lage bin). Heute wird der Mandant in unserer Kanzlei bei jedem Arbeitsrechtsstreit auf drohende gesundheitliche Beeinträchtigungen, die aufgrund einer hart geführten Auseinandersetzung eintreten können, besonders angesprochen.

Menschen, die sich unrechtmäßig behandelt fühlen, übersehen diese Gefahren zu Beginn eines Rechtsstreits sehr leicht. Die Aufklärung, die eigentlich weniger mit juristischer Beratung zu tun hat, führt nicht selten zu dem Wunsch des Mandanten, eine ganz andere anwaltliche Strategie einzuschlagen als ursprünglich geplant. Der Mandant erkennt, dass auch diese neue Verfahrensführung zu einem sinnvollen Ziel führen kann. Allerdings hätte man sich vor der Beratung nicht träumen lassen, dieses nunmehr angestrebte Ziel überhaupt ins Auge zu fassen.

Ich denke, dass das ein richtiger Weg ist, mit den Mandanten und ihren Gegnern umzugehen. Glücklicherweise ist man heute - nicht zuletzt auch wegen der vielen Veröffentlichungen unter www.mobbing-web.de - auch insoweit sensibilisiert.

D. h. nicht nur Rechtsprechung und Gesetz müssen beachtet werden, sondern auch die bei Rechtsstreitigkeiten unerwünschten Nebenfolgen, die die Hauptsache schnell negativ beeinflussen können. Ist der Mandant darauf eingestellt, wird man es leichter haben, gemeinsam den gewünschten Erfolg bei rechtlichen Auseinandersetzungen zu erzielen.

Rechtsanwalt Günther Dingeldein, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Erbrecht,


Stand: Juni 2007

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.



 
     
   
www.dingeldein.de -