Kündigungsschutz im Kleinbetrieb



Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme bei der Auswahl unter mehreren Arbeitnehmern.

Soweit im Fall der Kündigung unter mehreren Arbeitnehmern eine Auswahl zu treffen ist, hat auch der Arbeitgeber im Kleinbetrieb, auf den das Kündigungsschutzgesetz in der Regel keine Anwendung findet, ein gebotenes Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme zu wahren.

Eine Kündigung, die dieser Anforderung nicht entspricht, verstößt gegen Treu und Glauben und ist deshalb unwirksam, so das Bundesarbeitsgericht lt. Urteil vom 21. 2. 2001 - 2 AZR 15/00 -.

Danach gilt:
Ist bei einem Vergleich der grundsätzlich von dem gekündigten Arbeitnehmer vorzutragenden Sozialdaten offensichtlich, dass dieser erheblich sozial schutzwürdiger ist als ein vergleichbarer weiterbeschäftigter Arbeitnehmer, so spricht dies zumindest dafür, dass der Arbeitgeber das gebotene Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme außer acht gelassen hat. Setzt der Arbeitgeber dem schlüssigen Sachvortrag des Arbeitnehmers weitere Gründe entgegen, die ihn zu der getroffenen Auswahl bewogen haben, so hat unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben eine Abwägung zu erfolgen. Es ist zu prüfen, ob auch unter Einbeziehung der vom Arbeitgeber geltend gemachten Gründe die Kündigung die sozialen Belange des betroffenen Arbeitnehmers in treuwidriger Weise unberücksichtigt läßt. Der unternehmerischen Freiheit des Arbeitgebers in Kleinbetrieben kommt bei dieser Abwägung ein erhebliches Gewicht zu.

Hier war es so, dass in einem Kleinbetrieb mit bisher 5 Arbeitnehmern ein 52-jähriger Arbeitnehmer sich darauf berief, die ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung sei sittenwidrig und damit unwirksam. Das Bundesarbeitsgericht hat diesen Fall nicht endgültig entschieden und hat die Angelegenheit an das zuständige Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dort muß nunmehr erneut überprüft werden, ob die Kündigung wirksam ist.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts dürfte eine erhebliche Bedeutung für die Kündigung in Kleinbetrieben haben. Das Bundesarbeitsgericht macht nämlich deutlich, dass auch bei diesen Kündigungen außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes Schranken zu beachten sind.

Es wird jedoch dabei bleiben, dass der vom Bundesarbeitsgericht insoweit angenommene Kündigungsschutz erheblich schwächer ist, als der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Es muß zunächst dem Vortrag des Arbeitnehmers zu entnehmen sein, dass er erheblich sozial schutzbedürftiger ist, als ein vergleichbarer weiterbeschäftigter Arbeitnehmer. Nur in diesem Fall kann gegebenenfalls die Kündigung aufgrund Außerachtlassung des erforderlichen Mindestmaßes an sozialer Rücksichtnahme treuwidrig sein. Der Arbeitgeber wird jedoch diese abgeschwächte Sozialauswahl aus betrieblichen, persönlichen und sozialen Gründen überwinden können.

Wichtig ist jedoch, dass das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich betont, dass der unternehmerischen Freiheit des Arbeitgebers in Kleinbetrieben bei dieser Abwägung ein erhebliches Gewicht zukommt.


Günther Dingeldein
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeits- und Familienrecht

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