Neues zum Verkehrsunfallrechtgeltende neue Schadensersatzrecht
I. Änderungen im StVG 1. Streichung des Unabwendbarkeitsnachweises in § 7 Abs. 2 StVG
Bei der Gefährdungshaftung des § 7 StVG hatte der nach § 7 Abs.1 StVG haftende Fahrzeughalter die Möglichkeit seine Ersatzpflicht gem. § 7 Abs. 2 StVG auszuschließen, wenn er beweisen konnte, dass der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wurde und damit unabwendbar war. Diese Möglichkeit eines Unabwendbarkeitsnachweises lässt der Gesetzgeber ab dem 01.08.02 entfallen. Eine Halterhaftung nach § 7 StVG kann in Zukunft nur noch dann ausgeschlossen werden, falls die Ursache des schädigenden Ereignisses auf eine "höhere Gewalt" zurückzuführen ist. Die "höhere Gewalt" wird vom BGH definiert als "ein betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder durch Handlungen dritter Personen herbeigeführtes Ereignis, das nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbar ist, mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch die äußerste nach der Sachlage vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet oder unschädlich gemacht werden kann und auch nicht wegen seiner Häufigkeit in Kauf zu nehmen ist" (BGHZ 7, 338; BGH NJW 86, 2313). 2. Regelung des unabwendbaren Ereignisses in § 17 StVG Die Möglichkeit sich von der Ausgleichpflicht des § 17 Abs.1, 2, Abs.3 S.1 n. F. befreien zu können bleibt jedoch nicht nur den Fahrzeughaltern vorbehalten, die auch gleichzeitig Eigentümer des Fahrzeugs sind. Gem. § 17 Abs.3 S. 3 StVG n. F. hat nun auch ein Kfz- Halter, der nicht Eigentümer des Fahrzeugs ist (z.B. beim Fahrzeugleasing), die Möglichkeit sich von der Haftung zu befreien, wenn er von dem Eigentümer des gegnerischen Unfallfahrzeugs auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. 3. Allgemeine Halterhaftung für Insassen 4. Halterhaftung beim Anhänger auch ohne unmittelbare Unfallbeteiligung Der Halter des Zugfahrzeugs und der Halter des Anhängers haften dem Geschädigten im Außenverhältnis als Gesamtschuldner, wenn der Unfall alleine durch den Fahrer des Zugfahrzeugs verursacht wurde. Im Innenverhältnis kann der Halter des Anhängers gem. §§17 Abs. 4, 18 Abs. 3 StVG n. F. vom Halter des Zugfahrzeugs und dessen Haftpflichtversicherung Regress verlangen. Der Halter eines Anhängers haftet auch, wenn es zu einem Unfall durch den alleine abgestellten Anhänger kam oder weil der Anhänger sich vom Zugfahrzeug gelöst hat. 5. Geänderte Haftungshöchstgrenzen des StVG
Quelle: Verkehrsrecht aktuell 05/ 2002 II. Änderungen im BGB 1. Schmerzensgeld bei Gefährdungs- und Vertragshaftung
Der § 847 BGB wird aufgehoben. Dafür gibt es mit § 253 Abs.2 BGB n. F. einen allgemeinen Schmerzensgeldanspruch, der wie folgt lautet: "Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangt werden." Der allgemeine Schmerzensgeldanspruch in § 253 Abs.2 BGB n. F. erfasst ab dem 01.08.02 neben der bisher außervertraglichen Verschuldenshaftung nun auch die Gefährdungshaftung und die Vertragshaftung (Arzthaftungsrecht). Die Exkulpationsmöglichkeit bei § 831 BGB entfällt. Für das Straßenverkehrsrecht hat der Gesetzgeber erstmals einen Schmerzensgeldanspruch in § 11 StVG geregelt, mit dem der Gesetzgeber zum ersten mal im Verkehrsrecht einen Schmerzensgeldanspruch in der Gefährdungshaftung begründet, und der wie folgt lautet: "Wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann auch eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden." Im Rahmen einer Prüfung eines Schmerzensgeldanspruchs ist damit eine Feststellung des Verschuldens des Unfallgegners nicht mehr notwendig. Hinsichtlich der Höhe des Schmerzensgeldanspruchs bleibt die Verschuldensfrage jedoch sehr bedeutsam. Das Verschulden des Unfallgegners an dem Verkehrsunfall ist nämlich neben der Art, der Schwere und der Dauer der unfallbedingten Verletzungen ein wesentliches Kriterium für die Höhe des immateriellen Schadensersatzanspruchs. Aufgrund der Gefährdungshaftung der §§ 7, 11 StVG n. F. kann bei Unfällen, die sich nach dem 01.08.02 zugetragen haben, eine Klage auf Schmerzensgeld nicht nur gegen den Fahrer und die Haftpflichtversicherung, sondern nun auch gegen den unschuldigen Fahrzeughalter erhoben werden. Denn der Antrag auf immateriellen Schadenersatz aus reiner Gefährdungshaftung kann zukünftig wegen des Wegfalls des Erfordernisses eines Verschuldens gegen alle Beteiligten gerichtet werden. Dem schädigenden Unfallgegner steht gem. § 9 StVG i.V.m. § 254 BGB gegenüber dem Schmerzensgeldanspruch aus den §§ 7, 11 StVG der Einwand des Mitverschuldens zu. Dahingehend ist der Unfallgegner aber darlegungs- und beweispflichtig. Nach dem § 288 BGB n. F. können für den Schmerzensgeldanspruch Zinsen in Höhe von 5 % über den Basiszinssatz gefordert werden. 2. Schmerzensgeld bei Unfällen mit Kindern Handelte das bereits 7 aber noch nicht 10 Jahre alte Kind vorsätzlich, so haftet es gem. § 828 Abs.2 S.2 BGB n. F. für die von ihm verursachten materiellen Schäden und hat immateriellen Schadensersatz leisten, wenn die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses zur Verfügung stand. Der neue § 828 BGB ist gem. § 254 BGB und § 9 StVG auch bei einem Mitverschulden eines Kindes zu berücksichtigen, welches das 7., nicht aber das 10. Lebensjahr vollendet hat. Wenn ein Kind zwischen 7 und 10 Jahren einen Unfall verursacht und sich dabei auch erheblich verletzt hat, dann kann im Gegensatz zur alten Rechtslage dem Kind ein Mitverschulden nicht mehr angelastet werden. Der Schädiger haftet in diesem Fall alleine, falls er nicht gem. § 7 StVG n. F. Umstände darlegt und beweist, die das Vorliegen einer "höhere Gewalt" bejahen.
Falls die Haftung eines Kindes gem. § 828 Abs.1 oder Abs.2 BGB n. F. ausgeschlossen sein sollte, besteht immer noch die Möglichkeit gem. § 832 BGB gegen den Aufsichtspflichtigen vorzugehen und gegen ihn einen Schadensersatzanspruch und damit auch einen Schmerzensgeldanspruch geltend zu machen. Wenn das Vorgehen gegen den Aufsichtspflichtigen ebenfalls kein Erfolg versprechen sollte, ist nach. § 829 BGB eine Billigkeitshaftung noch möglich. 3. Schmerzensgeld bei Bagatelleverletzungen
Hier bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung tatsächlich bei Bagatelleverletzungen kein Schmerzensgeld zuerkennt, und ob die Haftpflichtversicherungen aus betriebswirtschaftlichen Aspekten bei Bagatelleverletzungen Schmerzensgelder zwischen 100 € und 300 € zahlen oder sich auf ein gerichtliches Verfahren einlassen werden. 4. Kein Ersatz der Umsatzsteuer bei abstrakter Schadensberechnung 5. Vereinheitlichung der Haftung bei falschen Gerichtsgutachten Um einen Sachverständigen aber haftbar zu machen, muss die geschädigte Partei alles unternommen haben, insbesondere alle möglichen Rechtsmittel eingelegt und Einwände gegen das streitige Gutachten erhoben haben, um den Schaden abzuwenden. Rechtsanwalt Sami Saleh
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