Fragen zur Pflegeversicherung


Leistungen aus der Pflegeversicherung geben immer wieder Anlass zu Rechtsstreitigkeiten, da vor allem den Familienangehörigen als Pflegepersonen die Voraussetzungen der einzelnen Pflegestufen, in welche die Pflegebedürftigen eingeteilt werden, nicht bekannt sind. So ist es allgemein unbekannt, dass die krankenpflegerische Versorgung, wie z. B. die Verabreichung von Medikamenten und Salben, das Anlegen und Wechseln von Verbänden etc. nicht bei Ermittlung der Pflegestufe Berücksichtigung findet. Diese Leistungen bleiben der Krankenkasse vorbehalten. Leben aber nicht berufstätige Angehörige im Haushalt des Pflegebedürftigen, so kommt für diese Form der Krankenpflege die Krankenkasse nicht auf.

In der Pflegeversicherung wird grundsätzlich zwischen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung unterschieden. Die Grundpflege umfasst Verrichtungen der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität. § 14 SGB XI versteht wörtlich unter Körperpflege: das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung. Die Ernährung umfasst das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung. Unter Mobilität versteht das Gesetz das selbstständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Der Hilfebedarf für das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung findet nur dann Berücksichtigung, wenn diese Verrichtungen für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu hause unumgänglich sind und regelmäßig das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig machen, wie z. B. das Aufsuchen von Ärzten, der Bank oder der Apotheke. Auch diese Einschränkung, die auf die Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zurückzuführen ist, gibt Anlass zu Missverständnissen, da der Aufenthalt im Freien für den Pflegebedürftigen medizinisch sinnvoll sein mag, die Hilfeleistung der Pflegeperson für das Verlassen des Hauses jedoch von der Pflegeversicherung nicht bei der Ermittlung des Pflegeaufwandes berücksichtigt wird.

Unter haushaltswirtschaftlicher Versorgung versteht man im Sinne der Pflegeversicherung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.

Die Einteilung in eine der 3 Pflegestufen erfolgt im Wesentlichen nach dem zeitlichen Umfang die die Pflegeperson für die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung benötigt. Im Vordergrund muss allerdings bei Ermittlung des zeitlichen Umfangs die Grundpflege stehen, wie § 15 SGB XI eindeutig festlegt. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere Pflegeperson benötigt, muss im wöchentlichen Tagesdurchschnitt

1. in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen - hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen,

2. in der Pflegestufe II mindestens 3 Stunden betragen - hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens 2 Stunden entfallen,

3. in der Pflegestufe III mindestens 5 Stunden betragen - hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens 4 Stunden entfallen.

Leidet der Pflegebedürftige an demenzbedingten Störungen, geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen verbunden mit erheblichen Einschränkungen der Alltagskompetenz, so gewährt die Pflegeversicherung einen zusätzlichen Betreuungsbetrag. Voraussetzung ist allerdings, dass eine Pflegestufe bereits anerkannt ist. Die hierfür notwendigen Schädigungen und Fähigkeitsstörungen sind in § 45 a SGB XI innumerativ aufgezählt und so umfangreich, dass im Rahmen dieses Beitrages im Einzelnen nicht hierauf eingegangen werden kann. Es muss auf den Gesetzestext verwiesen werden. In § 45 b SGB XI sind die genauen Betreuungsleistungen geregelt. Der Gesetzgeber hat die zusätzlichen Betreuungsleistungen erst mit Gesetz vom 14.12.2001 in die Pflegeversicherung eingeführt. Damit hat der Gesetzgeber anerkannt, dass der Gesamthilfebedarf geistig Behinderter, psychisch Kranker oder altersverwirrter Menschen oftmals über den Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung hinaus geht. Dieser weitergehende Hilfebedarf liegt dann außerhalb der ursprünglich gesetzlich vorgegebenen Systematik der Pflegeversicherung. Früher hatte der zusätzliche Hilfebedarf für die Leistungen der Pflegeversicherung keine Bedeutung, obwohl er einen erheblichen Teil des Versorgungs- und Betreuungsaufwandes ausgemacht hatte.

Die Feststellung hinsichtlich des Pflegebedarfs und des zusätzlichen Betreuungsbedarfs trifft der Gutachter des Medizinischen Dienstes. Das Gutachten wird nach den verbindlichen Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI gestellt.

Die Krankenkassen empfehlen vor Stellung eines Antrages auf Anerkennung einer der Pflegestufen die Führung eines Pflegetagesbuches. Das Pflegetagebuch kann bei den Krankenkassen mit ausführlicher Anleitung zum Ausfüllen des Tagebuches angefordert werden. Die Empfehlung der Krankenkassen sollte unbedingt beherzigt werden, da die Aufzeichnungen für den Gutachter, der das Gutachten in der Regel aufgrund eines einzigen Hausbesuchs erstellt, eine wertvolle Hilfe bei der Entscheidungsfindung sind.

Bickenbach, 03.06.2002, Assessor Heinz-Dieter Hartig, Dingeldein Rechtsanwälte

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.



 
     
   
www.dingeldein.de -