Sozialversicherungspflicht von mitarbeitenden Angehörigen


Die Beschäftigung von Ehegatten und Familienangehörigen in Familienbetrieben wird nicht selten zum Streitfall für die Sozialversicherung. Bei der Prüfung der Sozialversicherungspflicht ist auszuschließen, ob die Beschäftigung

1.) zum Schein erfolgt,

2.) eine familiäre Mithilfe darstellt und

3.) der Beschäftigte Mitunternehmer oder Mitgesellschafter ist.

Das Bundessozialgericht hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die familiäre Bande alleine nicht gegen die Versicherungspflicht spricht.

Für die Beurteilung dieser Fragen sind vielmehr die gesamten Umstände des Einzelfalles zu würdigen. Für eine reine familiäre Mithilfe spricht das Fehlen eines privatrechtlichen Vertrages, der Leistung und Gegenleistung regelt.

Steht aber das vereinbarte Entgelt im Verhältnis zur Arbeitsleistung und werden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt, weißt dies auf die Sozialversicherungspflicht hin. Ebenso ist der Umstand bedeutsam, ob im Falle eines längerfristigen Ausfalles eine Ersatzkraft eingestellt wird.

Auch das für das Arbeitsrecht so typische Direktionsrecht musste gegenüber den mitarbeitenden Angehörigen ausgeübt werden. Dabei verkennt das Bundessozialgericht nicht, dass die persönliche Abhängigkeit unter Familienangehörigen und insbesondere Ehegatten weniger ausgeprägt ist, als unter nicht verwandten Personen. Allerdings darf es nicht ganz entfallen, da ansonsten gleichberechtigte Partner eigenwirtschaftlich arbeiten. Dies spräche für ein Mitunternehmertum oder für eine mehrköpfige Gesellschaft.

Der Umstand, dass ein mitarbeitender Ehegatte mit seinem Verdienst gleichzeitig zur Vermehrung des ehelichen Vermögens beiträgt, schließt die versicherungspflichtige Beschäftigung nicht aus; der maßgebliche Einfluss auf die Führung des Betriebes aber schon. 

Wenn schließlich die tatsächliche Durchführung der Mitarbeit wesentlich von dem schriftlichen Arbeitsvertrag abweicht, liegt die Vermutung nahe, dass das Arbeitsverhältnis lediglich zum Schein eingegangen wurde. Dann aber ist sowohl der Arbeitsvertrag gemäß § 117 BGB nichtig als auch die Sozialversicherungspflicht trotz abgeführter Beiträge fingiert.

Alle genannten Grundsätze haben allerdings nur Indizwirkung, da der Gesetzgeber die Sozialversicherungspflicht von mitarbeitenden Angehörigen nicht speziell geregelt hat.

Folgende wichtige Urteile des Bundessozialgerichts zur Frage der Sozialversicherung sollen im Folgenden nun näher erwähnt werden.

In dem Urteil vom 19.02.1987, Az.: 12 RK 45/85, hat das Bundessozialgericht bei Beurteilung eines Pflegeverhältnisses unter Angehörigen unter anderem sinngemäß ausgeführt, dass Leistung und Gegenleistung in einem adäquaten Verhältnis zueinander stehen müssen. Die Bezüge müssen insbesondere über einen etwa gewährten freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgehen.

In dem Urteil vom 21.04.1993 – 11 RAr 67/92 - sind folgende Grundsätze enthalten:

Im Rahmen der Gesamtwürdigung ist die Nichtauszahlung des vereinbarten Arbeitsentgeltes ein gewichtiges Indiz gegen die Annahme eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Dies steht im Gegensatz zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes wegen der unterschiedlichen Interessenlage der Steuergesetzgebung und des Sozialversicherungsrechtes.

Desweiteren muss eine persönliche Abhängigkeit vorliegen. Es muss ein Weisungsrecht bezüglich Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung gegeben sein. Der Beschäftigte muss im Betrieb eingegliedert sein.

Das Weisungsrecht kann erheblich eingeschränkt sein, wie dies bei Diensten höherer Art der Fall ist, darf aber nicht vollständig entfallen. Es muss fremdbestimmte Dienstleistung bleiben.

Kann der Betreffende seine Tätigkeit wesentlich frei gestalten, insbesondere über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen, oder fügt er sich nur in die von ihm selbst gegebene Ordnung des Betriebes ein, liegt keine abhängige, sondern eine selbständige Tätigkeit vor, die zusätzlich durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet ist.

In dem Urteil vom 23.06.1994 – 12 RK 50/93 – hatte das Bundessozialgericht über die Tätigkeit einer Ehefrau für die Arztpraxis ihres Ehemannes zu befinden. In diesem Zusammenhang hatte das Bundessozialgericht den wichtigen Rechtsgrundsatz aufgestellt, dass keine widerlegbare Vermutung gegen die Versicherungspflicht besteht, wie sie § 20 Abs. 4 des Pflegeversicherungsgesetzes vom 26.05.1994 unter den dort genannten Voraussetzungen aufstellt. Bei einem Ehegattenbeschäftigungsverhältnis ist insbesondere die Arbeitnehmereigenschaft zu prüfen und ein Scheinarbeitsvertrag auszuschließen. Es ist eine Abgrenzung zur familiären Mithilfe, aber auch zu einem Mitunternehmer oder Mitgesellschafter vorzunehmen.

Stand: April 2002

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.



 
     
   
www.dingeldein.de -