Das neue Unterhaltsrechtw



Das neue Unterhaltsrecht wird voraussichtlich zum 01.07.2007 eingeführt. Nachdem sich die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD am 22.03.2007 über die letzten noch strittigen Punkte verständigt haben, dürfte dem zügigen Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens nun nichts mehr im Wege stehen.

Die Unterhaltsrechtsreform wird auf die Rechtspraxis ganz erhebliche Auswirkungen haben. Das Thema Unterhalt kann jeden betreffen, weil jeder zu irgendwem in einer besonderen persönlichen Beziehung steht, die für das Entstehen eines Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Verwandtschaft ist eine solche persönliche Beziehung - es haften Eltern gegenüber Kindern, Kinder gegenüber Eltern, Großeltern gegenüber Enkeln etc. Wer verheiratet / verpartnert ist oder war, verfügt ebenfalls Unterhaltsansprüche oder -verpflichtungen. Auch das Zeugen eines nichtehelichen Kindes führt zu unterhaltsrechtlichen Folgen. Sogar als Erbe kann man mit Unterhaltsleistungen konfrontiert werden.

Die Reform bringt Änderungen in der Frage, wer überhaupt einen Unterhaltsanspruch hat, mit sich. Es werden beispielsweise die Voraussetzungen verschärft, nach denen geschiedene Ehepartner Unterhaltsansprüche geltend machen können. Früher als bislang soll man für sein Einkommen selbst sorgen. Eltern, deren Kinder über drei Jahre alt sind, sollen wieder in den Beruf einsteigen, wenn entsprechende Betreuungsangebote zur Verfügung stehen.

Auch zur Unterhaltshöhe wird es Änderungen geben: Kinder haben nun Anspruch auf einen Mindestunterhalt. Dieser wird je nach Alter des Kindes zwischen 264,00 € und 355,00 € betragen, wobei hiervon jeweils das Kindergeld zumindest anteilig in Abzug zu bringen ist.

Nach dem Gesetz einen Unterhaltsanspruch zu haben heißt nicht zwangsläufig auch Unterhalt zu bekommen. In sehr vielen Fällen ist nicht genug Geld für alle Unterhaltsberechtigten da. Dem Verpflichteten muss immer genug Geld zum Leben bleiben, der sogenannte Selbstbehalt. Ist dieser erreicht und fehlen andere unterhaltspflichtige Personen, "haftet" der Staat in Form von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe.

An wen verfügbares Geld verteilt wird, richtet sich nach einer Rangliste. Der am 22.03.2007 gefundene Kompromiss sieht vor, dass in erster Linie die minderjährigen Kinder unterhaltsberechtigt sein sollen. Auf zweiter Rangstufe stehen die Ehegatten, die Kinder betreuen, sowie die langjährigen Ehegatten. Erst danach kommen volljährige Kinder, der unverheiratete Elternteil eines gemeinsamen Kindes sowie die Eltern des Unterhaltsverpflichteten.

So sinnvoll die Reform in vielen Punkten sein mag, sie wird viele Fragen offen lassen. Was ist beispielsweise unter einer Ehe von langer Dauer zu verstehen? Die Zeitspanne könne - so der Gesetzgeber - nicht absolut und für alle Fälle gleich gefasst werden. Kann der Unterhaltsberechtigte grundsätzlich gezwungen werden, seine Kinder ab dem Alter von drei Jahren in einer Krippe betreuen zu lassen? Wie sieht überhaupt eine angemessene Betreuung aus? Wie werden die Gerichte mit der Möglichkeit umgehen, dass das Kind Eingewöhnungsschwierigkeiten hat oder häufig krank wird? Was ist, wenn der Kindergarten wegen Ausbruchs einer ansteckenden Krankheit einige Zeit geschlossen werden muss? Nach Ablauf welcher Zeitspanne kann man von einer Hausfrau, die in Absprache mit ihrem gut verdienenden Mann nie vollschichtig erwerbstätig war, verlangen, dass sie ihr Einkommen komplett aus eigener Kraft erzielt?

Besonders hervorzuheben ist, dass die Reform auch in die Vergangenheit zurückwirkt. Es gibt also keinen Unterhaltsberechtigten oder -verpflichteten, den sie nicht betreffen kann. Angesichts der hochkomplexen Materie und der vielen Unklarheiten ist jedem davon abzuraten, sich auf Ratgebersendungen im Fernsehen, Onlineforen oder Literatur für den interessierten Laien zu verlassen. Diese mögen als grobe Orientierungshilfe taugen, Hilfe im Einzelfall bieten sie hingegen nicht.

Der Autor, Herr Rechtsanwalt Martin Wahlers, ist in der Kanzlei Dingeldein • Rechtsanwälte, Bickenbach, schwerpunktmäßig auf den Gebieten des Familienrechts und des Erbrechts tätig.

Stand: April 2007

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