Was ist ein Wegeunfall


Der Weg zur Arbeit und zurück zur Wohnung ist durch den gesetzlichen Unfallversicherer (Berufsgenossenschaft) versichert. Im Gesetz ist definiert, dass bei einer versicherten Tätigkeit auch "das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit" unter Versicherungsschutz steht. Die Bedeutung der in § 8 SGB VII definierten Erweiterung des Arbeitsunfalls zeigt die Unfallstatistik: etwa jeder 6. Arbeitsunfall ist ein Wegeunfall. Über 40 % der Arbeitsunfälle mit tödlichem Ausgang ereignen sich im Straßenverkehr. Verkehrsunfälle stellen den größten Teil der Wegeunfälle dar. Ca. 200.000 Wegeunfälle werden jährlich gemeldet.

Wann aber liegt rechtlich gesehen ein Wegeunfall vor und wann ist ein Unfallgeschehen zum unversicherten Privatbereich zu rechnen?

Der Weg zur Arbeit beginnt nicht schon "mit dem Gang ins Badezimmer", sondern erst mit dem "Durchschreiten der Außentür" des Wohnkomplexes, in dem der Arbeitnehmer wohnt. Fällt also ein Arbeitnehmer auf dem Weg zur Arbeit noch in seinem eigenen Hausflur die Treppe hinunter und verletzt sich, dürfte er eher keine Leistungen von der Berufsgenossenschaft erhalten. Stürzt er jedoch auf dem Weg zu seinem auf der Straße geparkten Pkw und verletzt sich, wird die Unfallversicherung den Personenschaden zu ersetzen haben.

Streitigkeiten entstehen dann, wenn der Arbeitnehmer mit seinem Pkw auf dem Weg zu oder von der Arbeit einen Umweg fährt. Erleidet er auf dem Umweg einen Unfall, ist die Frage zu beantworten, ob Versicherungsschutz besteht oder nicht.

Versichert ist nur der "direkte" Weg. Dieser ist jedoch nicht gleichbedeutend mit der möglichst kürzesten Strecke. "Umwege" über Schnellstraßen oder "Schleichwege" sind unschädlich und die Berufsgenossenschaft muss im Falle eines Unfalls bezahlen. Anders sieht es jedoch aus, wenn "Abwege" und/oder "Unterbrechungen" erfolgen. Das Abweichen vom direkten Weg aus privaten Gründen lässt den Versicherungsschutz grundsätzlich entfallen. Die Gerichte sind hier rigoros und lassen auch bei kleineren Wegabweichungen keine Ausnahme mehr zu.

Gesetzlich geschützt sind jedoch folgende Umwege:

  • der Versicherte macht einen Umweg, weil sein Kind wegen seiner oder wegen der Berufstätigkeit der Ehefrau fremder Obhut anvertraut wird (Fahrt zur Kindertagesstätte oder Tagesmutter)
  • oder weil weitere mitbeförderte Personen für die Bildung einer Fahrgemeinschaft abgeholt werden müssen.
Begibt sich der Versicherte nach dem Verlassen der Wohnung nicht direkt zur Arbeit, sondern sucht zunächst noch einen anderen Aufenthaltsort auf, so wird dieser Aufenthaltsort im Gesetz "dritter Ort" genannt.

  • Dauert der Aufenthalt an dem dritten Ort länger als 2 Stunden, ist nur der Weg vom dritten Ort zur Arbeitsstelle vom Versicherungsschutz gedeckt.
  • Dauert der Aufenthalt unter 2 Stunden, steht der Weg insgesamt unter dem Versicherungsschutz, solange der Versicherte seinen normalen Arbeitsweg (oder einen erfassten Umweg) benutzt.
Unterbricht der Versicherte den Arbeitsweg, besteht kein Versicherungsschutz. Ob der Versicherungsschutz nach dem Ende der Unterbrechung für die Fortsetzung des Weges wieder auflebt, hängt auch hier von einem Zeitmoment ab.

  • Dauert die Unterbrechung länger als 2 Stunden, ist auch für die spätere Fortsetzung des Weges kein Versicherungsschutz mehr gegeben.
  • Dauert die Unterbrechung unter 2 Stunden, besteht für die spätere Fortsetzung des Weges Versicherungsschutz.

Oft wird übersehen, dass nicht nur Arbeitnehmer Leistungen von der Berufsgenossenschaft beziehen können. Der Gesetzgeber hat einen Kreis weiterer Personen, die nach einem Verkehrsunfall Leistungen erhalten, definiert. In § 2 SGB VII sind 13 weitere Personengruppen aufgezählt, die unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung einschließlich der Wegeunfälle fallen.

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 sind gar noch solche Personen in den Versicherungsschutz mit einbezogen, die weder Arbeitnehmer sind, noch im Zusatzkatalog ausdrücklich genannt werden. Jede natürliche Person hat danach einen Anspruch auf Leistung, wenn sie "wie ein Versicherter" tätig wurde. Darunter soll unter anderem auch ein Passant fallen, der einem Autofahrer beim Anschieben des Fahrzeugs behilflich ist und verletzt wird.

mitgeteilt von Rechtsanwalt Günther Dingeldein,
Fachanwalt für Arbeits- und Familienrecht,
Dingeldein • Rechtsanwälte, Bickenbach

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